Begabte Photonen

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Re: Begabte Photonen

Beitragvon Harald Maurer » So 11. Mär 2012, 19:36

Juergen hat geschrieben:Wieso heißt das ganze "modernes Relativitätsprinzip" wenn es zwischen mechanischen und elektromagnetischen Versuchen dann doch einen Unterschied je nach Bewegung des Beobachters gibt.
Mit klassischem Relativitätsprinzip hat das ganze so betrachtet ja eher weniger zu tun.

Das klassische Relativitätsprinzip (RP) gilt in der Beziehung von Inertialsystemen zueinander, d.h. in Bezugssystemen, in welchen die mechanischen Gesetze Newtons gelten. Das betrifft nur Körper mit träger Masse und das Licht bildet nach jeder Auffassung eine Ausnahme. Nach dem klassischen RP sollte sich auch die LG mit der Galileitransformation transformieren, das lässt aber das Postulat der SRT nicht zu, weil die LG in jedem IS konstant zu bleiben habe und das erreicht man mit der Lorentztransformation, um den Preis, dass sich auch andere Geschwindigkeiten nicht mehr einfach addieren lassen. Mit der Aufgabe der Absolutheit von Raum und Zeit verändert sich außerdem alles, Längen, Impuls , Uhrengang etc. Und das hat mit dem klassischen RP tatsächlich gar nichts mehr zu tun. Es ist eben das RP der SRT oder das "moderne Relativitätsprinzip".
Geht man davon aus, dass das Licht mangels Trägheit dem klassischen RP nicht unterliegt, so ist dieses das eigentlich "relativere" als das der SRT, weil es hier tatsächlich keinen Unterschied zwischen bewegten und ruhend definierten Bezugssystemen gibt. In der SRT ist das nicht so. Wird hier einmal ein Ereignis aus einem als ruhend definierten Bezugssystem beschrieben, machen es die auftretenden Effekte tatsächlich zu einem ruhenden gegenüber dem bewegten. Im klassischen RP wäre das nicht der Fall.
Dazu ein Beipiel: Einstein lässt in seiner Arbeit ZEBK 1905 gegenüber einer "ruhenden" Uhr eine andere Uhr auf einer Kreisbahn losziehen und zur ruhenden zurückkehren, wonach festzustellen sei, dass die bewegte Uhr gegenüber der ruhenden zurückgeblieben wäre (Zeitdilatation), was man an den Zeitanzeigen der Uhren sehen kann. Diese Anzeigen sagen aber auch aus, dass die bewegte Uhr eine tatsächlich bewegte und die ruhende Uhr tatsächlich eine ruhende war, d.h. man kann nicht sagen, die bewegte könnte auch die ruhende sein und die ruhende die bewegte, weil die Anzeigen der Uhren das Ereignis praktisch fixiert haben. Kehrt man das Ereignis um, dann würden auch die Zeitanzeigen umgekehrt ausfallen. Nach dem klassischen RP wäre das egal, denn hier ist die Zeit ja absolut und an den Uhren wäre nicht erkennbar, welche die bewegte und welche die ruhende war. Das oft zitierte Beispiel, dass es nach SRT egal sei, ob sich der Zug oder der Bahnhof bewegt, ist also falsch, denn gerade nach der SRT ist es nicht egal, denn die auftretenden Effekte hängen davon ab, welches Inertialsystem sich bewegt und welches nicht. Man kann dann das Ereignis zwar aus beiden Bezugssystemen beschreiben, aber das kehrt das Ereignis nicht um. Hat man einmal festgelegt, dass es der Zug ist, der sich bewegt, dann ist und bleibt es der Zug, der sich bewegt und der Bahnhof ruht, und das wäre stets an den Uhren in beiden Bezugssystemen ablesbar. Das RP der SRT ist also gar nicht sooo "relativ", wie man allgemein glaubt. Nur nach dem klassischen RP wäre es kinematisch betrachtet egal, ob sich der Zug oder der Bahnhof bewegt. Einstein selbst schätzte die Bezeichnung Relativitätstheorie übrigens nicht besonders, und tatsächlich passt sie schon in Hinblick auf die absolute LG nicht so richtig zu seiner Theorie.

Grüße
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon contravariant » So 11. Mär 2012, 20:05

Ernst hat geschrieben:A sieht in B, daß dort scheinbar die Maxwellgleichungen nicht gelten. Das ist ja kein Beinbruch. Er kann sich überlegen, wie er sie dort "geltend macht". Er kann von der gesehenen scheinbaren LG c+v den Anteil v (für die Maxwell-Berechnung!) subtrahieren und so wieder exakt Maxwell bekommen. Er erhält nämlich dann wieder das, was B sieht.

So einfach ist die Sache natürlich nicht. Es werden erstmal keine Geschwindigkeiten transformiert, sondern Koordinaten. Erst daraus ergeben sich dann transformierte Geschwindigkeiten. Wenn du nun auf die Koordinaten mit Galilei transformierst und dann im nachhinein einfach die LG "korrigierst", dann erzeugst du natürlich Inkonsitenzen, da du die LG anders als andere Geschwindigkeiten behandelst. Ausserdem verletzt solch ein Vorgehen immer noch die Forminvarianz der Maxwellgleichungen, sodass diese nicht diesselbe Form in den beiden IS haben.

Ernst hat geschrieben:Es gibt nämlich immer nur eine Realität; dazu scheinbare Verzerrungen der Realität.

Damit führst du aber stillschweigend einen Äther ein. Den hat man aber bisher nicht gefunden. Das sollte doch wohl zu Denken geben.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » So 11. Mär 2012, 21:19

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Aber müsste Licht theoretisch nicht auch träge Masse besitzen; da die Gravitation darauf wirkt, muss es ja auch eine schwere Masse besitzen.
Außerdem wird allgemein daran festgehalten, dass die relativistischen Effekte nicht von der absoluten Bewegung eines Körpers abhängen, sondern nur von der Relativbewegung. Wie könnte man sonst behaupten, die Atomuhren in der Boing könnten die SRT belegen?
Ganz zu schweigen von der 0,02%tigen Genauigkeit mit der man die Zeitdilatation im Cern nachgewiesen haben will (Myonen).

Und es besteht ein weiteres Problem, denn ohne die Annahmen von 2 Realitäten würde auch die Relativität der Gleichzeitigkeit nicht funktionieren.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Ernst » So 11. Mär 2012, 21:53

contravariant hat geschrieben:Damit führst du aber stillschweigend einen Äther ein. Den hat man aber bisher nicht gefunden. Das sollte doch wohl zu Denken geben.

Das gibt es auch. Daher bin ich Äthertheorien gegenüber auch skeptisch.
Weit skeptischer allerdings bin ich gegenüber Postulaten, welche zu unendlich vielen Realitäten führen. Das sollte doch auch wohl zu denken geben.
Die wenigsten Knackpunkte enthalten meines Erachtens Emittertheorien. Darüber denke ich nach.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon contravariant » So 11. Mär 2012, 21:59

Ernst hat geschrieben:Weit skeptischer allerdings bin ich gegenüber Postulaten, welche zu unendlich vielen Realitäten führen. Das sollte doch auch wohl zu denken geben.
Die wenigsten Knackpunkte enthalten meines Erachtens Emittertheorien. Darüber denke ich nach.

Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal der SRT. Bereits bei Newton gibt es das Relativitätsprinzip. Auch dieses führt zu "unendlich vielen Realtitäten". Es lässt sich auch bei Newton nicht festlegen ob sich ein Körper bewegt oder nicht.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Ernst » So 11. Mär 2012, 22:02

Juergen hat geschrieben:Und es besteht ein weiteres Problem, denn ohne die Annahmen von 2 Realitäten würde auch die Relativität der Gleichzeitigkeit nicht funktionieren.

Das eben ist die Schizophrenie. Derselbe Vorgang soll einmal gleichzeitig sein und einmal nicht. Der Vorgang ist dann gleichzeitig ungleichzeitig. Wer's akzeptieren mag. Ich halte es für ganz und gar inakzeptabel.
Folge eines inakzeptablen Postulats.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Ernst » So 11. Mär 2012, 22:15

contravariant hat geschrieben:
Ernst hat geschrieben:Weit skeptischer allerdings bin ich gegenüber Postulaten, welche zu unendlich vielen Realitäten führen. Das sollte doch auch wohl zu denken geben.
Die wenigsten Knackpunkte enthalten meines Erachtens Emittertheorien. Darüber denke ich nach.

Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal der SRT. Bereits bei Newton gibt es das Relativitätsprinzip. Auch dieses führt zu "unendlich vielen Realtitäten". Es lässt sich auch bei Newton nicht festlegen ob sich ein Körper bewegt oder nicht.

Formell richtig. Hier wird aber die Realität von zeitlichen Abläufen vervielfacht. Und das widerspricht Newton, weil ja dort wegen der einen Zeit nur synchrone Abläufe möglich sind.
Beispiel: Haralds Zug:
Im Bahnhofsystem trifft das Licht erst den hinteren Wagen und später den vorderen Wagen. Zwischenzeitlich kann ein Vogel ein Lied singen.
Im Zugsystem werden beide Wagenenden gleichzeitig getroffen. Das Vogelgezwitscher existiert gar nicht.
Also nicht quantitative Änderungen der Realität, sondern qualitative.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon contravariant » So 11. Mär 2012, 22:27

Ernst hat geschrieben: Und das widerspricht Newton, weil ja dort wegen der einen Zeit nur synchrone Abläufe möglich sind.

Ja, das tut es. Wenn man Mechanik und Elektrodynamik vereinigen will, dann muss man einige der Axiome der beiden Theorien über Bord werfen. Da gibt es verschiedene Varianten. Die SRT verabschiedet sich vom absoluten Raum und der absoluten Zeit. Die Äthertheorien vom RP. Das sind bisher die beiden einzigen konsistenten Vereinigungen von Mechanik und Elektrodynamik, die mir bekannt sind.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Harald Maurer » So 11. Mär 2012, 22:43

Juergen hat geschrieben:Aber müsste Licht theoretisch nicht auch träge Masse besitzen; da die Gravitation darauf wirkt, muss es ja auch eine schwere Masse besitzen.

Photonen haben zwar keine Masse, aber eine Energie, die nach der ART einer Masse äquivalent ist. Daher unterliegen sie der Gravitation (Gravitationsrotverschiebung, Ablenkung im Gravitationsfeld).
Juergen hat geschrieben:Außerdem wird allgemein daran festgehalten, dass die relativistischen Effekte nicht von der absoluten Bewegung eines Körpers abhängen, sondern nur von der Relativbewegung. Wie könnte man sonst behaupten, die Atomuhren in der Boing könnten die SRT belegen?

Unbestreitbar ist, dass der Gang von Atomuhren durch die Gravitation beeinflusst wird. Das kann als Effekt der ART ausgelegt werden (Abhängigkeit vom Gravitationspotenzial aufgrund der mystisch anmutenden "Raumzeit-Krümmung") oder als ein direkter Einfluss der Gravitationsfeldstärke. Behauptet wird auch, dass außer der ZD der ART auch jene der SRT mittels Uhren in Flugzeugen nachgewiesen wurde, also jene ZD, die von der Relativbewegung abhängt. Allerdings sind diese Experimente (z.B. von Hafele & Keating) umstritten und schon deshalb hinterfragbar, weil mehrere Beschleunigungen im Spiel waren und die Uhren von den Experimentatoren manipuliert wurden.
Juergen hat geschrieben:Ganz zu schweigen von der 0,02%tigen Genauigkeit mit der man die Zeitdilatation im Cern nachgewiesen haben will (Myonen).

Da gibt es zwei Möglichkeiten: entweder zerfallen Myonen langsamer, weil die Zeit für sie langsamer verstreicht, oder es gibt einen physikalisch konkreten Grund dafür, etwa die Energieaufnahme durch die Beschleunigung! Auch ist der Nachweis des langsameren Zerfalls von Myonen im CERN-Experiment nur ein indirekter durch Zählung der beim Zerfall entstehenden Elektronen, wobei sich Probleme bei deren Detektierung ergeben, weil die Detektoren wegen der hohen Geschwindigkeit seitlich angebracht sein müssen. Das kann zu etlichen Fehlmessungen führen. Also so hieb und stichfest sind alle diese experimentellen Ergebnisse nicht!
Juergen hat geschrieben:Und es besteht ein weiteres Problem, denn ohne die Annahmen von 2 Realitäten würde auch die Relativität der Gleichzeitigkeit nicht funktionieren.

Ob die Gleichzeitigkeit relativ ist oder nicht, hängt von der Definition ab. Dass gleichzeitige Ereignisse aus unterschiedlicher Entfernung nicht gleichzeitig wahrgenommen werden, ist trivial und hat nichts mit zwei Realitäten zu tun. So muss auch die ungleichzeitige Abfolge von Ereignissen, die in einem anderen Bezugssystem als gleichzeitig wahrgenommen werden, nicht unbedingt etwas mit einer anderen Realität zu tun haben, denn dann ist das Phänomen eben ein Teil unserer Realität, als Folge der Eigenart der Raumzeit oder eben nur als Folge einer Definition. Wir haben dann eben nicht zwei Realitäten, etwa eine nach Newton und eine nach Einstein, sondern eben eine nach Einstein oder sonst einer Theorie, welche die Realität physikalisch zu beschreiben versucht. Die Theorie ist nicht die Realität selbst, und die RdG ist daher auch nicht die Realität, denn sie tritt nur dann auf, wenn man nach Messvorschrift und Synchronisationsvorschrift der SRT vorgeht. Einstein hat im Zusammenhang mit der ART einmal gesagt, sie habe mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Diese tiefgründige Feststellung macht Sinn, denn jede seiner Theorien ist nur ein Modell einer Wirklichkeit, die wahrscheinlich noch viel relativer ist, als wir uns das vorstellen können.

Grüße
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Harald Maurer » So 11. Mär 2012, 23:47

Ernst hat geschrieben:Das eben ist die Schizophrenie. Derselbe Vorgang soll einmal gleichzeitig sein und einmal nicht. Der Vorgang ist dann gleichzeitig ungleichzeitig. Wer's akzeptieren mag. Ich halte es für ganz und gar inakzeptabel.
Folge eines inakzeptablen Postulats.

Es ist sehr leicht zu zeigen, dass die Lorentztransformation absurd ist. Sie liefert für die Beurteilung eines bewegten IS aus einem ruhend definierten IS Messwerte, die einer Verdrehung der Koordinatensysteme zueinander entsprechen. Diese Verdrehung darf allerdings nicht real sein, denn ein bewegtes Bezugsystem, das sich in der Bewegung verdreht, verliert die Definition als Inertialsystem. Deshalb ist die Lorentztransformation eine lineare und vor allem eine affine Transformation, das heißt, die Transformation ändert die räumliche Lage der Bezugssysteme zueinander nicht, und parallel bleibt z.B. parallel. Wegen der einer Verdrehung entsprechenden Daten spricht man von einer Pseudodrehung um einen imaginären Winkel.
Nun gibt es eine Reihe von durch die LT entstehenden Paradoxa, von denen das Lochparadoxon das bekannteste ist. Da geht es einfach darum, dass ein Stab, gesehen aus dem IS des Lochs, verkürzt ist und daher durch das Loch kommt, aus dem IS des Stabs ist hingegen das Loch verkürzt, und der Stab kommt nicht durch das Loch. Kann die SRT dieses Paradoxon nicht lösen, dann ist sie falsch. Nun kann man dieses Paradoxon nur dann lösen, wenn man ganz konkret eine Verdrehung der IS zueinander behauptet - und so wird uns die Lösung auch verkauft. Leider gibt es diese Verdrehung nicht und darf es auch nicht geben, denn die LT ist nun mal eine affine Transformation - und damit ist das Paradoxon nicht lösbar! Man braucht also keine hochakademischen Abhandlungen über das Zwillingsparadoxon und komplizierte Gedanken über Sein oder Nichtsein der RdG, man braucht nur eine Platte mit Loch und einen Stab und eine für die SRT höchst peinliche Frage, die sich mit der LT nicht beantworten lässt - und schon ist es um die SRT geschehen...
Nicht der Wahrheitsgehalt der SRT wäre daher zu untersuchen, sondern das soziologische Phänomen, dass diese eindeutig falsche Theorie immer noch zum heutigen Paradigma gehört.


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