Relativität der Gleichzeitigkeit

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » Sa 6. Mär 2010, 18:39

Jocelyne Lopez hat geschrieben:
„Kinematisch haben die Läufer ja keine Relativbewegung unter sich: Der Abstand ändert sich nicht.“

Genau und Schluss, Ende, aus, vorbei – nur das ist gefragt.
Okay, das stimmt.

Das ist hier gerade nicht gefragt. Relativbewegung ist physikalisch ein mehrdeutiger Ausdruck. Man kann darunter den Skalar Rapidität (Abstandsänderung) oder auch den Vektor Relativgeschwindigkeit verstehen.
Die Rapidität der Eisläufer ist Null. Ihre Relativgeschwindigkeit zueinander omega(r_2 - r_1).
Das ist die Aussage der gängigen Technischen Mechanik, wie sie Trigemina, Harald und ich hier mehrfach beschrieben haben.
Aus, Schluß, Ende. Auch wenn das einige Privatgelehrte nicht wahrhaben wollen.
Und in der SRT geht es um Relativgeschwindigkeiten. Da haben deine Eisläufer eben eine Relativgeschwindigkeit zueinander.

Gruß
Ernst
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon scharo » Sa 6. Mär 2010, 18:41

Liebe Trigemina,

„Ich bin mit dieser Aussage nicht einverstanden! Zwei auf entgegengesetzten Punkten äquatorial positionierte Uhren laufen synchron, da sie bezogen auf ein Inertialsystem (z.B. Erdmittelpunkt) dieselbe Umfangsgeschwindigkeit und somit die selbe Zeitdiatation zur inertialen Referenzuhr aufweisen.“

Jetzt haben wir den Salat!
Nicht, dass das, was Du schreibst, falsch wäre. Merkst Du aber nicht, dass Du ein zusätzliches Bezugssystem (Inertialsystem, Erdmittelpunkt) eingeführt hast? Und dieses Bezugssystem ist identisch mit dem hypothetischen Raum, oder wie Ernst sagt „Absolut“.
In gleichem Irrtum schreibt auch Harald, die zwei Uhren wären zueinander bewegt, da er unbewusst den Raum, oder von mir aus, den als unbewegt im Raum gedachten Erdmittelpunkt als Bezugssystem einführt.
Mit gleichem Recht kann er aber, wie er es auch tut, sagen, die eine Uhr sei die unbewegte im Haralds-Raum (Bezugssystem). Dann hat die zweite Uhr relativ zur ersten, die im Raum ruht, bzw. zu diesem neuen Raum eine Geschwindigkeit, und was für eine. Dann hat auch Deine dritte Uhr im Erdmitte auch eine zur ersten Geschwindigkeit.
Natürlich wirst Du und Ernst aufschreien und sagen, diese eine Uhr kann nicht im Raum ruhen – Pendel, Kreisel usw. – und das wäre richtig, ABER, werdet ihr dann auch verstehen, dass ihr in unsere Diskussion den Raum als drittes Bezugssystem eingeführt habt?
Also, relativ zu was haben diese zwei äquatorialen Uhren eine Umfangsgeschwindigkeit?
Und wenn die Erdoberfläche das Bezugssystem wäre (was in der Wirklichkeit auch der Fall ist) – welche Geschwindigkeit hätten diese Uhren?

Schauen wir jetzt, wie Du mit den neuen Vektor-Argumenten von Ernst zu recht kommen wirst. :?


Gruß
Ljudmil
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Hannes » Sa 6. Mär 2010, 19:00

Hallo Ljudmil !

    "Natürlich wirst Du und Ernst aufschreien und sagen, diese eine Uhr kann nicht im Raum ruhen – Pendel, Kreisel usw. – und das wäre richtig, ABER, werdet ihr dann auch verstehen, dass ihr in unsere Diskussion den Raum als drittes Bezugssystem eingeführt habt? "

Immer wieder das Problem mit der Vorstellungskraft !

Hannes
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Jocelyne Lopez » Sa 6. Mär 2010, 19:19

Ernst hat geschrieben:
Jocelyne Lopez hat geschrieben:
„Kinematisch haben die Läufer ja keine Relativbewegung unter sich: Der Abstand ändert sich nicht.“

Genau und Schluss, Ende, aus, vorbei – nur das ist gefragt.
Okay, das stimmt.

Das ist hier gerade nicht gefragt. Relativbewegung ist physikalisch ein mehrdeutiger Ausdruck. Man kann darunter den Skalar Rapidität (Abstandsänderung) oder auch den Vektor Relativgeschwindigkeit verstehen.
Die Rapidität der Eisläufer ist Null. Ihre Relativgeschwindigkeit zueinander omega(r_2 - r_1).


Wenn ich die Bewegung der Eisläufer rein kinematisch betrachte, dann hat scharo recht, er hat auch den Begriff (Relativ)-Geschwindigkeit in seinen Aussagen eindeutig definiert:

scharo hat geschrieben:
Geschwindigkeit, Bewegung ist immer relativ und wenn man über so was spricht, ist immer die Relation anzugeben. Genauso ist "unbewegt" "in Ruhe" "stehen" ein Bewegungsbegriff und die Relation ist anzugeben.
Die Eisläufer haben jede Menge verschiedene Geschwindigkeiten:
a) v_0 zueinander, d.h. Eisläufer zu Eisläufer, v = 0
b) v1 – relativ zur Eisfläche, v1a, v1b, v1c usw. für jeden Eisläufer
c) v2 – relativ zum einen Auto, das draußen vorbei fährt – v2a, v2b .....
d) v3 ... v33333 relativ zu 33333 anderen Autos – v3a, v3b ......
....
x) v33334 relativ zur Sonne .....
y) v33335 relativ zur Mars ….
z) v33336 relativ zur Milchstraße .....


Wenn die Eisläufer zueinander nicht v_0 hätten, würden sie nicht auf der selbe Höhe kreisen bzw. sich nicht bei der Hand oder an einer Stange halten können: Das kann man nur bei Relativgeschwindigkeit 0 in dieselbe Richtung (genauso wie Parallellaufen geradeaus mit der gleichen Geschwindigkeit). Das ist aber in diesem Fall auch gleich zu stellen mit Abstandsänderung (Rapidität) zueinander von 0.

Ich würde es also eher wie scharo formulieren:
- Relativgeschwindigkeit der Eisläufer zueinander v_0.
- Relativgeschwindigkeit der Eisläufer relativ zur Eisfläche v1a, v1b, v1c etc.

Das ist aber nur eine Frage der Terminologie, nicht eine Frage der Vorstellungskraft oder des Verständnisses des Bewegungsablaufes. Man muss nur den Begriff Relativbewegung eindeutig definieren um Missverständnisse und unnötige Diskussionen zu vermeiden - das hatte scharo allerdings wie gesagt eindeutig definiert.

Viele Grüße
Jocelyne Lopez
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon scharo » Sa 6. Mär 2010, 19:41

Lieber Ernst,

eine Bewegung ist die Zusammensetzung von aufeinanderfolgenden Geschwindigkeitsvektoren. Eine Geschwindigkeit ist immer eine Relativgeschwindigkeit. Eine Relativgeschwindigkeit ist ein EINDEUTIGER Ausdruck und ist ein Vektor. Ohne Bezugssystem gibt es keine Geschwindigkeit, gibt es genauso kein Vektor.
Bei Betrachtung von zwei isolierten Punkten, also ohne Angabe von irgendeinem anderen Bezugssystem, existiert ein einziges Bezugssystem (kann auch wechselseitig ausgelegt werden), in dem mindestens der eine Punkt sich in Ruhe befindet. Diese Bezugssystem als Koordinatensystem hat eine einzige Achse, und die ist die Verbindungslinie zwischen den zwei Punkten. Und existiert genauso ein einziger Vektor, der auf dieser einzigen Achse liegt, sobald die Punkte zueinander bewegt sind.
Schluss, Ende, aus, vorbei – das ist Physik, Mechanik, Technische Mechanik. Und wenn Du ein Buch findest, wo was anderes behauptet wird, kannst Du es getrost wegschmeißen.
Du hockst immer auf Deine zwei verschiedenen Vektoren. Aber Ernst, zuerst muss Du überlegen, relativ zu welchem Bezugssystem diese Vektoren existieren, erst dann weiter machen. Und diese Deinen Vektoren sind relativ zum Raum, der Raum ist also Dein Bezugssystem – so hätte keiner was dagegen, dann ist klar, dass diese zwei Punkte relativ zum Raum unterschiedliche Geschwindigkeiten haben. Du kannst versuchen sie zu addieren – kommt eine Drehung heraus, und die wiederum relativ zum Raum – Satellit stürzt auf der Erde. Satellit steht aber – dann wirst Du sofort die Erdmitte als Koordinatenursprung Deiner Bezugssystem nehmen müssen. Um die Vektoren angeben zu können, muss Du aber mindestens die eine Achse (radial z. Äquator, oder rechtwinklig z. Erdachse) dieses Koordinatensystems mit einem irgendwo im Raum unbewegten Punkt verbindensonst keine Vektoren – wenn z.B. Deine Achse mit den zwei Punkte verbunden wird und es sich dann um ein mitdrehendes Bezugssystem handelt – dann eben keine Vektoren = keine relative Bewegung zueinander.

Liebe Grüße
Ljudmil
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » Sa 6. Mär 2010, 20:12

Hallo Ljudmil
scharo hat geschrieben:ABER, werdet ihr dann auch verstehen, dass ihr in unsere Diskussion den Raum als drittes Bezugssystem eingeführt habt?

Ja und? Der Raum ist für Rotation das absolute Bezugssystem. Das ist eben der Unterschied zur Translation, wo der Raum kein absolutes Bezugssytem darstellt. Deshalb ist Geschwindigkeit im Raum infolge Rotation eine absolute Größe. Absolute Geschwindigkeit im Raum infolge Translation kann dagegen nicht angegeben werden.
Und aus zwei absoluten Geschwindigkeiten ergibt sich die Relativgeschindigkeit als deren Vektordifferenz.
Das würdest du doch bei Translation im Äther (oder Wasser) genauso machen können. Du kannst auch die Absolutgeschwindigkeiten verwenden und daraus die Differenz bilden. Aber ohne Äther kein Bezugssystem, nicht mal der Raum. Da bleibt als Ersatz nur die Auswertung der Bewegung des einen Objektes relativ zum anderen Objekt.

Und wenn die Erdoberfläche das Bezugssystem wäre (was in der Wirklichkeit auch der Fall ist) – welche Geschwindigkeit hätten diese Uhren?

Kinematische Betrachtungen aus einem rotierenden Bezugssystem heraus haben physikalisch keine Relevanz. Da liefe Licht in Kurven und das Firmament beispielsweise drehte sich mit Millionenfachem c um die Erde.

Liebe Grüße
Ernst
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Trigemina » Sa 6. Mär 2010, 23:01

Ernst hat geschrieben:Eine Umfangsgeschwindigkeit ist ebenfalls ein Vektor. Und zwei solche Umfangsgeschwindigkeiten v_u auf beliebigen Antipoden des Globus bilden eine Differenzgeschwindigkeit mit dem v_u identischen Winkel und dem Betrag 2*v_u. Und diese Differenzgeschwindigkeit muß eine ZD verursachen.

Wer die SRT predigt, darf das natürlich nicht akzeptieren. Denn nehmen wir mal die Antipoden Berlin und Auckland (Neuseeland). Da müßte für uns Berliner die Uhr in Neuseeland langsamer laufen. Und für den Neuseeländer müßten die Berliner Uhren langsamer laufen. Da stimmt doch was nicht?


Für Rotationssysteme ist es am Zweckmässigsten, ob klassisch oder über die SRT berechnet, ein Inertialsystem (Rotationszentrum oder nicht rotierendes System) auszuwählen, in dem keine Trägheitskräfte wie Zentrifugal-, Coriolis- oder Eulerkraft vorkommen. Aus diesem heraus können die Koordinaten an jede Stelle des rotierenden Systems transformiert werden.

In diesem Inertialsystem haben zwei sich auf dem gleichen Breitengrad befindliche Punkte (auch Antipoden) zwar unterschiedliche Ortskomponenten, jedoch gleiche Änderungen ihrer Ortskomponenten pro Zeiteinheit. Für entgegengesetzte Orte auf dem gegenüberliegenden Längengrad ergeben sich demzufolge entgegengesetzte Geschwindigkeitsvektoren gleichen Betrags. Somit laufen zwei auf dem gleichen Breitengrad positionierte Uhren synchron zueinander und haben gegenüber dem Inertialsystem die selbe Zeitdilatation.

Das gleiche gilt für zwei gleich grosse gegenläufig rotierende Scheiben mit gleicher betragsmässiger Drehzahl im Laborsystem. Es gibt keine ausgezeichneten Punkte gleichen radialen Abstandes zum Rotationszentrum.

scharo hat geschrieben:Also, relativ zu was haben diese zwei äquatorialen Uhren eine Umfangsgeschwindigkeit?


Die äquatorial (oder auf demselben Breitengrad) positionierten Uhren haben eine Umfangsgeschwindigkeit gegenüber dem oben genannten Inertialsystem.

Gruss
Trigemina
 
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon fb557ec2107eb1d6 » So 7. Mär 2010, 08:18

Hallo et.al.

Ich wähle ein Bezugssystem BS mit den orthogonalen Raumkoordinaten x,y,z.

Nun betrachten wir eine Rotation in der xy-Ebene um die z-Achse, wo wir Punkte mit festem Abstand r zur z-Achse rotieren lassen. Somit gilt folgende Transformation:

x=r*cos(ωt+φ)

y=r*sin(ωt+φ)

z=z'=0

Mit festem r (r=const.) gilt für die Geschwindigkeit im BS:

vx=dx/dt=-r*ω*sin(ωt+φ)

vy=dy/dt=+r*ω*cos(ωt+φ)

Nun wählen wir zwei Punkte, die am selben Radius liegen.

P1: r=r1, φ=φ0

P2: r=r2, φ=φ0

mit r2>r1
so ergibt sich für den Abstand im BS:

Δx=x2-x1=(r2-r1)*cos(ωt+φ0)

Δy=y2-y1=(r2-r1)*sin(ωt+φ0)

und dessen Betrag ist der Abstand zwischen den beiden Punkten:

a=sqrt(Δx^2 + Δy^2)=r2-r1=const.

Für die Relativgeschwindigkeit von P2 relativ zu P1 ergibt sich:

Δvx=vx2-vx1=-(r2-r1)*ω*sin(ωt+φ0)

Δvy=vy2-vy1=+(r2-r1)*ω*cos(ωt+φ0)

und für dessen Betrag:

Δv=(r2-r1)*ω > 0

D.h., dass die Relativgeschwindigkeit zwischen P1 und P2 ungleich Null ist, obwohl der Abstand konstant bleibt.

Für einen geostationären Satelliten bedeutet das eine Relativgeschwindigkeit von etwa 2,6 km/sec. in Bezug auf einen Empfänger am Äquator.
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Hannes » So 7. Mär 2010, 08:55

Hallo Fb 557 !

    "Für einen geostationären Satelliten bedeutet das eine Relativgeschwindigkeit von etwa 2,6 km/sec. in Bezug auf einen Empfänger am Äquator"

Relativgeschwindigkeit zu welchem Bezugspunkt ?
Der Satellit würde sich in einer Minute um 156 km, in einer Stunde um
9360 km von seiner Position entfernen.
Das glaubst du wohl selbst nicht !

Hannes
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Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » So 7. Mär 2010, 11:19

.
Trigemina hat geschrieben: Für entgegengesetzte Orte auf dem gegenüberliegenden Längengrad ergeben sich demzufolge entgegengesetzte Geschwindigkeitsvektoren gleichen Betrags. Somit laufen zwei auf dem gleichen Breitengrad positionierte Uhren synchron zueinander und haben gegenüber dem Inertialsystem die selbe Zeitdilatation.

Klar. Gegenüber diesem IS herrscht gleiche ZD. Nur ist das nicht die Frage. Gefragt ist die ZD am Ort 2 relativ (aus Sicht) zum Ort 1.

Äquivalent haben in einem IS zwei translatorisch mit gleichem v bewegte Objekte gleiche ZD. Dennoch hat im IS des einen Objektes das andere Objekt eine ZD.

Gruß
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