Begabte Photonen

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » Fr 2. Mär 2012, 18:59

Hallo zusammen; ich werde mich mal kurz vorstellen:
Bin 17 Jahre alt, im 12tn Schuljahr und kurz vor der Matura (Österreich).
Gut, meine physikalischen Kenntnisse mögen nicht die besten sein; ist aber für die SRT nicht ausschlaggebend. ;)

Also gleich zu meinem ersten Problem damit:

Stellen wir uns vor, ein physikalisch begabtes Photon vor, das schon mal von Einsteins Formeln "gehört" hat.
Aus dessen Sicht könnte es die der Zeitdilatation anwenden und errechnen, dass aus dessen (ruhender) Sicht rundherum keine Zeit vergeht; wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bewegt sich nämlich alles mit c an ihm vorbei.
Außerdem könnte es nach der Formel der Längenkontraktion errechnen, dass jeder Weg in irgendeine Richtung, in welche es sich bewegen wollte, 0 wird. Es befindet sich also an jedem Ort "unseres" Raumes gleichzeitig (jeder Ort in Bewegungsrichtung).

Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung:
Das Photon kann sich in 0sec unserer Zeit/unseres Systems überall hinbewegen.
Wie schnell ist es also? Bestimmt nicht lächerliche 300 000 km/s. :idea:

Meine Physikprofessorin ignoriert mich mittlerweile; also bin ich hierher gekommen. ;)
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon julian apostata » Fr 2. Mär 2012, 19:56

Juergen hat geschrieben:Stellen wir uns vor, ein physikalisch begabtes Photon vor, das schon mal von Einsteins Formeln "gehört" hat.


Du kannst es dir ja so vorstellen! Um jemals von Irgendwas etwas gehört zu haben, dazu müsste man eine Masse haben. Und wenn man eine Masse hat, dann kann man Lichtgeschwindigkeit nicht erreichen. Und somit kann auch der Raum nicht auf 0 schrumpfen. Allenfalls kann Folgendes passieren. Wenn du beispielsweise konstant mit g=10m/s² beschleunigst, dann errechst du folgende Geschwindigkeit:

Bild

v ist dann die “wahre Geschwindigkeit”. Angenommen du beschleunigst dein Raumschiff entlang einer Knotenschnur (alle 300 000 km ein Knoten)

Erreichst du v=0,99*c so heißt das: Wenn du nachmisst, wie lang ein Knoten braucht um an deinem Bordfenster vorbei zu rauschen, so wirst du genau diese Geschwindigkeit ermitteln.

Wenn du deine scheinbare Geschwindigkeit wissen willst, so machst du einen Bruchstrich und setzt den Wurzelfaktor drunter und du kommst auf ca. 7*c.

Das heißt, aufgrund der Längenkontraktion ziehen pro Sekunde ca 7 Knoten pro Sekunde an deinem Fenster vorbei.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » Fr 2. Mär 2012, 20:26

D.h. v messe ich selbst, wenn ich mich im Raumschiff befinde ganz normal mit v=s/t, wobei s geschwindigkeitsunabhängig bleibt?
Wenn ich mit Lichtgeschwindigkeit an einem relativ zu mir ruhenden Körper vorbeifliege, was also aus meiner Sicht bedeutet, dass der Körper sich mit c an mir vorbeibewegt, merke ich dann dessen Längenkontraktion relativ zu mir?

Was genau bedeutet "Scheingeschwindigkeit"; welcher Beobachter kann sie messen?
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » Sa 3. Mär 2012, 09:27

Chief
Ich habe (leider?) auch noch niemanden gefunden der mir meine Ansicht unglaubwürdig erscheinen lassen konnte. 8-)

Artie
Ganz einfach: Indem ich mir vorstelle ich wäre ein Photon. ;)
Was Einstein gedacht hat würde mich auch interessieren; nur bin ich bis jetzt nicht dazugekommen mir "Zur Elektrodynamik bewegter Körper" zu bestellen.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Harald Maurer » Sa 3. Mär 2012, 10:35

Juergen hat geschrieben:Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung:
Das Photon kann sich in 0sec unserer Zeit/unseres Systems überall hinbewegen.
Wie schnell ist es also? Bestimmt nicht lächerliche 300 000 km/s.


Diese Schlussfolgerung ist im Rahmen der SRT nicht zulässig. "Photonen" sind ein Modell für das quantisierte elektromagnetische Feld, in welchem durch fortlaufende Induktion elektrischer und magnetischer Felder ein Energietransport ohne Stofftransport stattfindet. Die Vorstellung, es handle sich um Teilchen, die sich von A nach B bewegen, ist daher irreführend und führt zu falschen Schlussfolgerungen. Wird bei A ein Photon emittiert und kommt bei B ein Photon an, so ist letzeres nicht von A nach B geflogen, denn es hat nicht dieselbe Identität wie jenes bei A, sondern es enthält lediglich quasi dieselbe Information, die sich in der elektromagnetischen Welle übertragen hat. Man kann also nicht sagen, Photonen würden sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen oder gar überall hin bewegen können. Was sich tatsächlich von A nach B bewegt, ist kein ponderables (wägbares) Teilchen, sondern masselose Information; das Modell "Photon" hat demnach keine Ruhemasse, und nur deshalb kann diese Informationsübertragung lt. SRT die Lichtgeschwindigkeit erreichen (im Vakuum). Da es sich also um kein Ding oder einen Körper handelt, ist die Vorstellung abwegig, es könne Koordinatensysteme errichten und von seinem Bezugssystem aus Zeit- und Längenmessungen vornehmen.
Die em-Welle überträgt Energie mit Lichtgeschwindigkeit, das Photon hat daher zwar keine Masse, aber einen Impuls p=E/c bzw. p=h*f/c (h=Plancksches Wirkungsquantum, f=Frequenz) und dementsprechend eine teilchenhafte Wirkung und das führt zur Modellvorstellung, Strahlung wäre ein Teilchenstrom und für diese Teilchen verginge keine Zeit und das an ihnen vorbeirasende Universum würde zu einem Nichts zusammenschrumpfen. Das ist natürlich blanker Unsinn.
Die Zeitdilatation der SRT ist ein relativer Effekt. In einem Raumschiff, das Lichtgeschwindigkeit nie erreichen aber sich dieser zumindest annähern kann, vergeht die Zeit wie gewohnt, aber der Zeitlauf im Bezugssystem Universum, das aus dem Ruhesystem Raumschiff gesehen nun mit annähernd c vorbeisaust, wäre dilatiert, d.h. hier laufen - vom Raumschiff aus beurteilt, die Uhren langsamer, und der unterschiedliche Uhrenlauf in den beiden zueinander bewegten Bezugssystemen würde auch zu unterschiedlichen Längenmessungen führen. Das ist zwar eine lustige Vorstellung, aber man kann sie auch gleich wieder vergessen, weil dermaßen globale, das Universum umfassende Bezugssysteme (Inertialsysteme) nach der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht definierbar sind. Man wird zwar immer wieder auf derart vergnügliche Gedankenexperimente stoßen, aber die Gültigkeit der SRT ist durch die ART auf lokale, relativ kleine, genaugenommen sogar infinitiv kleine Räume beschränkt. Hier dazu mehr auszuführen, würde das Thema aber übersteigen und es reicht wohl, einfach festzustellen, dass für Photonen schon deshalb keine Zeit vergeht, weil sie diese nicht messen können. Wenn Du deine Physikprofessorin mit deiner Schlussfolgerung konfrontierst und sie dich daraufhin "ignoriert", kann ich das daher gut nachvollziehen. ;)

Grüße
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon All » Sa 3. Mär 2012, 10:44

xx
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Harald Maurer » Sa 3. Mär 2012, 11:09

All hat geschrieben:Dazu gehört am Rande auch, dass ein Photon in Nullzeit überall sein kann. Das ergibt sich zwangsläufig aus dem System.

"Photonen" können nirgends sein, weil sie gar nichts existieren. Sie sind eine theoretische Modellvorstellung und weder eine Sache noch ein Ding. Und gäbe es sie, könnten sie nach SRT schon gar nicht in Nullzeit überall sein, denn dann wären sie überall gleichzeitig. Gleichzeitigkeit ist aber relativ - jedenfalls lt. SRT. Sie könnten daher nur innerhalb eines Inertialsystems an jedem Punkt gleichzeitig sein - das geht aber auch nicht, denn hier bewegen sie sich ja angenommener Weise mit c von A nach B !
Da könnte man ja gleich über die Flugeigenschaften von Erzengeln debattieren... 8-)

Grüße
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon julian apostata » Sa 3. Mär 2012, 11:21

Juergen hat geschrieben:Wenn ich mit Lichtgeschwindigkeit an einem relativ zu mir ruhenden Körper vorbeifliege, was also aus meiner Sicht bedeutet, dass der Körper sich mit c an mir vorbeibewegt, merke ich dann dessen Längenkontraktion relativ zu mir?


Ich sag doch, das kannst du nicht und zwar aus dem einfachen Grunde, weil du eine Masse hast.

Wenn du es jetzt unbedingt wissen willst, dann wendest du dich am besten von deiner Physiklehrerin ab, und fragst deine Religionslehrerin. Als Theologin kann die vielleicht eine masssenlose Seele postulieren…

…naja, da fällt mir gerade ein, vielleicht ist Gott masselos und kann daher alles überblicken? :idea:

Na gut, der seriöse Physiker :shock: hält sich von solchen Gedankenspielchen fern.

Juergen hat geschrieben:D.h. v messe ich selbst, wenn ich mich im Raumschiff befinde ganz normal mit v=s/t, wobei s geschwindigkeitsunabhängig bleibt?…

…Was genau bedeutet "Scheingeschwindigkeit"; welcher Beobachter kann sie messen?


Ich probier’s noch mal so.

Du fliegst von der Sonne zu Alfa Centauri. Zwischen beiden Sternen ist eine Knotenschnur gespannt. Alle 300 000 Kilometer ein Knoten. Jeder Knoten ist auch eine Uhr. Alle Uhren sind aus Sicht von Sonne und Alfa Centauri synchronisiert.

Deine Geschwindigkeit kannst du jetzt so messen. Du stellst fest: Jedesmal wenn du einen Knoten passierst, dann zeigt die nächste Knotenuhr 1,25 Sekunden mehr an

(300 000km/1,25s=240 000km/s=0,8*c=“wahre Geschwindigkeit“)

Du kannst alternativ dazu auch so vorgehen. Du liest die Zeit (von Knoten zu Knoten) von der eigenen Borduhr ab (=1,25s *wurzel(1-0,8²)=0,75s)und stellst fest, deine “scheinbare Geschwindigkeit” beträgt

(300 000km/0,75s=400 000km/s=1,3333*c=“scheinbare Geschwindigkeit“)

Um diese scheinbare Geschwindigkeit zu erreichen hast du bei 10m/s² 40 Millionen Sekunden (~1,27 Jahre Erdzeit) gebraucht.

Wolltest du so schnell werden wie ein Proton in Cern, so ergäbe das etwa 7450 Jahre Beschleunigungszeit.
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » Sa 3. Mär 2012, 13:02

Chief
Danke für den Link auf wiki. Habs mir gleich ausgedruckt aber noch nicht gelesen.^^
Mit einem Elektron, das nicht mit c fliegt funktioniert das ganze leider nicht so schön. Denn auch wenn wir annehmen, dass sich dann alles mit 0,99*c an uns vorbeibewegt (was ja nicht der Fall ist, da bei einem Elektron auch Relativgeschwindigkeiten möglich sind, sodass sich manche Körper schneller und andere langsamer an uns vorbeibewegen), wird der Weg in unsere Bewegungsrichtung nicht 0 sondern 0,00...xx. Damit vergeht von uns aus gesehen im anderen System zwar nur sehr wenig Zeit, aber wir bewegen uns auch nicht in Richtung unsres Weges, da wir uns ja als ruhend annehmen. Bewegen wir uns nicht, legen wir aber auch keinen Weg zurück, auch wenn dieser aus unsrer Sicht winzig klein wird.
Aber das wirft eine neue Frage auf:
Wenn wir uns in 0,00....x sec des anderen Systems nicht bewegen, wie schnell sind wir dann? v=s/t => v=0/0,000...x => v=0 ?
Vielleicht hab ich da doch irgendwo einen Denkfehler eingebaut. :?

Harald Maurer
Danke, sehr intressant!
Nur was, wenn wir uns vorstellen, wir würden einen masselosen Beobachter auf c beschleunigen?
Gut man könnte sagen, ein masseloser Beobachter könnte nicht beobachten...
Aber Informationsübertragung ist ja auch die Übertragung von "etwas"; dann müsste dieses "Etwas" in 0sec überall sein können und damit unendlich schnell sein. (?)
Nächstes Problem wäre dann, wie man "etwas" übertragen kann, ohne dass es von irgendetwas getragen wird. Hat das mit der dynamischen Masse zu tun?
Vl könnte ja dynamische Masse beobachten. ;)

Quantisierten elektromagnetischen Feldern mit fortlaufender Induktion kann ich mir schwer vorstellen.
Nach meiner (in diesem Fall sehr sehr ungenauen) Definition wären das im Bereich des Zufalls (und des mir Unverständlichem) ablaufende Wechselwirkungen zwischen energiereichen Feldern und Elektronen in einem Draht. Funktioniert Induktion auch ohne eine Art Teilchen?

Nachtrag:
Aus der Sicht einer Lichtwelle gibt es wegen der Konstanz von c ja überhaupt keine Inertialsysteme. Alles wäre das selbe Inertialsystem, und alles würde sich relativ dazu mit c bewegen.

All
Danke für den Link :)
Ich finde das Diskussionsklima hier noch relativ angenehm, da erlebt man im Internet weit aus schlimmeres. ;)
Dass ich die Grundlagen nicht akzeptieren kann hängt wohl damit zusammen, dass mir die ganze Theorie gefühlsmäsig sehr unlogisch vorkommt. Es passt einfach nicht in mein bisheriges "Physikbild" und deshalb beschäftige ich mich gerne damit; Reiner Wissensdurst.
Ausßerdem muss man sich immer beide Seiten ansehen, um behaupten zu können man verstünde etwas. ;)

julian apostata
Also geht meine Uhr zu den Uhren der Knotenuhr um den Faktor der Zeitdilatation nach und deshalb kommen mir die Abstände zwischen den Knoten verkürzt vor; aha! :idea:
Aber um meine scheinbare Geschwindigkeit zu berechnen, müsste ich ja meine "reale" Geschwindigkeit wissen.
Außerdem müsste ich wissen, ob nun in Wirklichkeit ich bewegt bin, oder die Knotenschnur, was ich unmöglich feststellen könnte, oder?
Irgendwie mag ich diesen Wurzelfaktor nicht. ;)
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Re: Begabte Photonen

Beitragvon Juergen » Sa 3. Mär 2012, 13:38

Chief
Die Elektronen konnten c erreichen?
Elektronen besitzen doch eine reale Ruhemasse...?
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