Relativität der Gleichzeitigkeit

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon scharo » Mo 8. Mär 2010, 13:02

Lieber Ernst,

„Ich gehe nicht auf deine subjektiven Unterstellungen ein. Da schaukelt man sich nur hoch und das ist gewöhnlich nicht so mein Ding.“

Ich unterstelle Dir einzig und allein eine Denkblockade – das kennt ja jeder, kann jedem passieren. Statt Dich ständig gegen die Tatsachen zu sträuben, wäre besser, wenn Du überlegst, ob Du doch nicht falsch liegst. Und bitte die Sache nicht eskalieren, besonders mit unbegründeten Unterstellungen! Bleib sachlich und halte die anderen nicht für dämlich!

Du schreibst ständig „Relativgeschwindigkeit“ ohne zu erwähnen relativ zu was. Hier liegt der Hund begraben. Relativgeschwindigkeit allein besagt nichts, ist absolut unbestimmt, solange die Relation nicht angegeben ist.

„Wie soll eine Änderung des Bezugssystems eine Änderung der Relativgeschwindigkeit oder der Abstandsänderung bewirken? Kannst du zaubern?“

Siehst Du, das ist das Problem bei Dir – was Du hier schreibst, bezeugt, dass Du den Begriff „Relativgeschwindigkeit“ völlig falsch auslegst. Du meinst immer eine bestimmte relative Geschwindigkeit zu einem bestimmten Bezugssystem. Es ist klar, dass wenn die Lok eine relativ zu den Schienen (d.h. Erdoberfläche) Geschwindigkeit von 100km hat, wird man diese Geschwindigkeit relativ zu den Schienen aus keinem anderen Bezugssystem ändern können – man muss nur ausrechnen. Und aus dieser in Dir befestigte Vorstellung kannst Du dich nicht lösen. Denk mal nach, ein Auto fährt parallel zum Lok. Aus Sicht des Autos hat die Lok welche Geschwindigkeit? Und weißt Du wie man „aus Sicht des Autos“ nennt? – Bezugsystem Auto! Also, im Bezugssystem Auto fährt die Lok mit 0kmh. Und wenn das Auto in entgegengesetzte Richtung fährt – wie wäre dann die Geschwindigkeit der Lok im Auto-Bezugssystem?
Jetzt denke Dir, Schienen, Erdoberfläche existiert nicht. Kannst Du jetzt behaupten, die Lok fährt mit 100kmh? Es sind nur Lok und Auto vorhanden. D.h. Bezugssystem Schienen, Erdoberfläche ist weg. Wie willst Du jetzt die Geschwindigkeit zwischen Lok und Auto bestimmen? Und das nennt man Relativgeschwindigkeit zueinander – Du kannst entweder das Auto, oder die Lok als Bezugssystem nehmen, sonst ist ja nichts da.
Und schau jetzt, was Du weiter schreibst:
„Du kannst die Bewegung zweier Objekte aus der Sicht eines der beiden Objekte oder aus tausend anderen Bezugssystemen betrachten. Durch solchen Beobachterwechsel wirst Du nie die Relativgeschwindigkeit oder die Abstandsänderung beeinflussen.“

Ja, lieber Ernst, genau so ist es. Nur, Du merkst in Deinem Eifer nicht, dass Du derjenige bist, der durch Beobachter-Systemwechsel eine neue Relativgeschwindigkeit zwischen den Objekten hervorzaubern will.
Bei den Eisläufer habe ich geschrieben: Jeder Eisläufer hat relativ zu Tausenden von Beobachter eine andere Geschwindigkeit, die Geschwindigkeit zwischen jedem Eisläufer und z.B. Eisfläche wird aber von keinem Beobachter anders berechnet. Genauso die Geschwindigkeit zwischen zwei Eisläufer, wird von keinem anderen Bezugssystem beeinflusst.
Beim Beispiel mit Zug und Auto, ist das Bezugssystem z.B. des Autos relativ zum Erdoberfläche mitbewegt – in diesem Autobezugssystem hat die Lok eine relativ zum Auto Geschwindigkeit von 0kmh. Genau das Gleiche ist der Fall mit dem Erdbeobachter und Geosat. Das Bezugssystem des Beobachters ist relativ zum Raum mitbewegt, rotiert mit, und da der Sat mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit mitrotiert, liegt er im gleichen rotierenden rel. z. Raum Bezugssystem – eine Geschwindigkeit zwischen diese beiden Objekte = 0. Jetzt kommst Du, stellst ein raumfestes nicht mitrotierendes Bezugssystem und verkündest, relativ zu diesem raumfestes BS hätten beiden eine andere Geschwindigkeit – das wissen wir alle seit der 7-Klasse.
Kreisbewegungen sind etwas anderes als Translationsbewegungen – die Differenzbewegungen (relative zueinander Geschwindigkeit) werden anders berechnet: Delta Omega mal Delta Radius! Und was bekommst Du, wenn Delta Omega = 0 ist? Die Vektorrechnungen bei Kreisbewegungen sehen also etwas anders aus, als bei Translationsbewegungen – und das verwechselst Du. Du nimmst einfach die Bahngeschwindigkeiten relativ zu einem dritten nicht mitrotierenden BS und versuchst sie wie bei Translation untereinander zu verrechnen. So einfach ist die Sache aber nicht, wie jede Geschwindigkeitsmessung zwischen diesen beiden Punkte beweisen wird.
Dass die Relativisten so verbissen gegen eine v rel. z. Sat = 0 kämpfen, ist verständlich – sie wissen welche Folgen für die SRT das haben kann. Aber Du – unverständlich.

„Und für DK habe ich dieses Verständnis, weil er die Mechanik eben nicht mehr anwendet.
Dagegen ist die Sache mit dem Kreisel für einen Mechanikkenner, der du doch sein willst, schon ein sehr verblüffender Lapsus.“

Erstens, meinen Denkfehler habe ich sofort zugegeben, Du bist noch nicht so weit. Zweitens, etwas hast Du dabei übersehen – Du hast recht in Hinsicht, dass mit dem Kreisel eine Bewegung relativ zum Raum feststellen kann, sogar mit jedem Gegenstand, wie ich geschrieben habe. d@k hat aber auch recht, wenn er meint, Du hast schon ein anderes Bezugssystem bestimmt, vorausgesetzt, indem Du es mit dem Kreisel markierst. Du setzt schon ein Wissen, ein Postulat voraus. Wenn Du also im Raum einen Kreisel oder Gegenstand los lässt, wirst Du sehen, wie der Kreisel sich z.B. spiralförmig von Dir entfernt. Gesetzt Wissen voraus, kannst Du beschließen, a) ich drehe mich in einem unbewegten Raum, oder b) ich bin unbewegt, der Raum um mich dreht sich, oder c) ich bin unbewegt, der Raum ist unbewegt, eine unsichtbare Kraft treibt den Kreisel im Kreis.
Also, senil ist d@k bestimmt nicht, sondern weiter denkend und wissend.

„Abstandsänderung und Relativgeschwindigkeit sind zwei Paar Schuhe. Du hast zum Erdboden v=0, die Lok v=100km/h. Differenz 100km/h. Also hat doch die Lok im Vergleich zu Dir 100km/h.“

Entschuldige, aber hier liegst Du ziemlich daneben. Dagegen liegt Frau Lopez absolut richtig. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Beobachter sich auf den Schienen befindet.
Wenn der Beobachter sich aber nicht auf den Schienen befindet, hat er zu jeder Zeit eine andere Momentangeschwindigkeit relativ zum Zug. Sie wird mithilfe des Winkels zwischen Beobachter und Bewegungslinie des Zuges berechnet (das meinst Du vielleicht mit Rapidität). Als der Zug sich bei 90° zum Beobachter befindet ist die rel. Geschwindigkeit zueinander = 0. Ganz einfache Sache – der Zug nähert sich (-v), der Zug entfernt sich (+v) – von (-) zu (+) muss doch v durch die 0 (Vektor = 0, Vektorrichtungswechsel). Die rel. Geschwindigkeit zwischen Zug und Schienen bleibt unverändert = 100kmh und man kann sie aus keinem anderen BS ändern.
Abstandsänderung pro Zeit zwischen zwei Punkten entspricht immer auch der relativen Geschwindigkeit zwischen diesen zwei Punkten - s. auch Beitrag v. d@k.

Liebe Grüße
Ljudmil
scharo
 
Beiträge: 688
Registriert: So 4. Jan 2009, 09:06
Wohnort: Niederbayern

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Hannes » Mo 8. Mär 2010, 13:28

Hallo Ljudmil !

    "0. Jetzt kommst Du, stellst ein raumfestes nicht mitrotierendes Bezugssystem und verkündest, relativ zu diesem raumfestes BS hätten beiden eine andere Geschwindigkeit – das wissen wir alle seit der 7-Klasse."

Ich muss deine Geduld bewundern. Wie du dich bemühst, 7- Klasse Physik zu
vermitteln.
Aber das hätte doch Ernst nicht notwendig !

Hannes
Hannes
 
Beiträge: 3201
Registriert: Do 1. Jan 2009, 01:56

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Jocelyne Lopez » Mo 8. Mär 2010, 13:38

Hannes hat geschrieben:Hallo Jocelyne !

    Jocelyne Lopez hat geschrieben:
    Dieses Beispiel stellt m.E. genau die gleiche Konstellation dar wie vorher mit der Lokomotive. Und ich habe nichts Anderes zu antworten, als ich bei dem Fall der Lok geantwortet habe: Wenn das Auto 50 km/h auf der Erde fährt und ich stehe auf der Erde, dann existiert fortlaufend eine Abstandsänderung und folglich eine Relativbewegung zwischen uns (in diesem Fall 50 km/h). Ich habe ja gar kein Problem damit

Ja und dann kommt es noch auf die Richtung an ! Die Abstandsänderung kommt in voller Höhe nur bei Richtung zum zweiten Objekt zum Tragen !


Gut, wenn der Zug auf mich zufährt (+v) und wenn er sich von mir entfernt (-v), ist mir schon klar. Wenn ich auch zu einem bestimmten Abstand bzw. Winkel zum Zug stehe, muss es auch für die Relativgeschwindigkeit berücksichtigt werden, von solchen Berechnungen habe ich Null Ahnung ( :oops: ), muss ich auch nicht haben, dafür können es die Fachleute. Der Einfluß des Winkels auf die Relativgeschwindigkeit ist aber für die zur Diskussion stehende Frage irrelevant, es geht ja allein darum zu erkennen, dass jegliche Abstandsänderung zwischen zwei Objekten eine bestimmte Relativgeschwindigkeit zwischen diesen Objekten bedeutet, und dass umgekehrt keine Abstandsänderung zwischen zwei Objekten eine Relativgeschwindigkeit 0 bedeutet sprich die Objekte ruhen zueinander. Abstandsänderung und Relativgeschwindigkeit stehen in mathematischer und physikalischer Abhängigkeit. Das scheint mir so klar, dass man keinerlei Rechenbeispiele mit oder ohne Winkel dafür benötigt, um es zu erkennen, oder nicht?

Viele Grüße
Jocelyne Lopez
Jocelyne Lopez
 
Beiträge: 4174
Registriert: So 8. Feb 2009, 22:41

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon scharo » Mo 8. Mär 2010, 15:38

Hallo Hannes,

ja, hast recht. Es ist direkt beleidigend, solche einfachen Sachverhalte zu erklären – natürlich weiß er das alles. Aber was soll ich machen, wenn er von lauter Bäume den Wald nicht sieht, und wenn er mich ständig als den letzten Deppen darzustellen versucht?
Die Relativisten wissen ganz genau, wie der Hase läuft – s. fb557 – zuerst war er unserer Meinung, dann hat er sich ganz schnell abgewendet – er hat den Braten gerochen. Aber Ernst – er hat doch nichts zu verstecken, wieso fällt er dann in die relativistische Falle? Ich bin mir sicher, dass Harald seine Meinung auch mittlerweile berichtigt hat.
Siehe auch Galeczki/Marquardt – will einer denen unterstellen, sie kennen sich in Physik nicht aus?

Gruß
Ljudmil
scharo
 
Beiträge: 688
Registriert: So 4. Jan 2009, 09:06
Wohnort: Niederbayern

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » Mo 8. Mär 2010, 15:39

Lieber Ljudmil

Ich hatte ja geschrieben, daß die Sache eskaliert und Dein Tonfall untermauert das, wobei ich dabei selbstkritisch auch einen gewissen Anteil hatte. Mich nervt das jetzt wirklich und hoffe einvernehmlich auf Abrüstung.
Denn wir reden doch weniger über Verstehen oder Nichtverstehen der Zusammenhänge sondern streiten über Definitionen. Könnten wir in unserem Disput mit dem Begriff Relativgeschwindigkeit sparsam umgehen und dafür die Begriffe Abstandsänderung (meinetwegen modern auch Rapidität) und Geschwindigkeitsdifferenz (im Sinne vektorieller Differenz) verwenden, gäbe es überhaupt keinen Streitfaktor. Vielleicht können wir uns ja darauf einigen.

scharo hat geschrieben: Du schreibst ständig „Relativgeschwindigkeit“ ohne zu erwähnen relativ zu was. Hier liegt der Hund begraben. Relativgeschwindigkeit allein besagt nichts, ist absolut unbestimmt, solange die Relation nicht angegeben ist.

Und solange nicht definiert ist, was "Relativgeschwindigkeit" überhaupt sein soll.

Und ob in der SRT dann lediglich Abstandsänderungen oder aber Vektordifferenzen die Effekte verursachen, wäre zu diskutieren. Es ist ja merkwürdig, daß sich außer Tria keiner der sonst so vorlauten Relativisten da eingemischt hat. So selbstsicher sind sie sich da wohl auch nicht bezüglich der Kirchturmuhr.

a) ich drehe mich in einem unbewegten Raum, oder b) ich bin unbewegt, der Raum um mich dreht sich, oder c) ich bin unbewegt, der Raum ist unbewegt, eine unsichtbare Kraft treibt den Kreisel im Kreis.

b und c ist Surrealismus.

Liebe Grüße
Ernst
Ernst
 
Beiträge: 11188
Registriert: Mi 31. Dez 2008, 18:58

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Jocelyne Lopez » Mo 8. Mär 2010, 16:36

Hannes hat geschrieben:
Jocelyne Lopez hat geschrieben:
Dieses Beispiel stellt m.E. genau die gleiche Konstellation dar wie vorher mit der Lokomotive. Und ich habe nichts Anderes zu antworten, als ich bei dem Fall der Lok geantwortet habe: Wenn das Auto 50 km/h auf der Erde fährt und ich stehe auf der Erde, dann existiert fortlaufend eine Abstandsänderung und folglich eine Relativbewegung zwischen uns (in diesem Fall 50 km/h). Ich habe ja gar kein Problem damit

Ja und dann kommt es noch auf die Richtung an ! Die Abstandsänderung kommt in voller Höhe nur bei Richtung zum zweiten Objekt zum Tragen !


Um an meine Überlegungen aus dem Thread Messungen mit Laserpistolen anzuknüpfen:

Wenn ich stehend mit einer Laserpistole in gleicher Richtung die Abstandsänderungen pro Zeiteinheit zu jeweils einem parkenden Auto und einem zu mir fahrenden Auto messe, und dabei eine unveränderte (Relativ-)Geschwindigkeit c zwischen Lichtquelle und Auto in beiden Fällen gemäß SRT voraussetzen muss, dann muss ich auch dabei zwangsläufig voraussetzen, dass die beiden Konstellationen (c+0 für das parkende Auto und c+v für das fahrende Auto) sich in der Natur nicht unterscheiden, und dass folglich in beiden Fällen keine Abstandsänderung zur Lichtquelle festzustellen sei. Was völlig absurd ist. Da jeder auch ohne jegliches Messinstrument mit Leichtigkeit feststellen kann, dass eine Abstandsänderung bei einem relativ zur Lichtquelle bewegtem Objekt in der Realität stattfindet, führt eine Messung mit Laserpistole die Annahme ad absurdum, dass c in beiden Fällen konstant bleibt. Oder?

Viele Grüße
Jocelyne Lopez
Jocelyne Lopez
 
Beiträge: 4174
Registriert: So 8. Feb 2009, 22:41

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Harald Maurer » Mo 8. Mär 2010, 17:29

scharo hat geschrieben:Ich bin mir sicher, dass Harald seine Meinung auch mittlerweile berichtigt hat.


Nein, meine Meinung ist unverändert und felsenfest!
Der Begriff "Relativgeschwindigkeit" ist überhaupt kein Problem für mich. Er hat nichts mit der Richtung zu tun, d.h. zwei Bezugssysteme müssen nicht auf derselben x-Achse liegen, sondern können sich beliebig im Raum bewegen. Dennoch gibt es zwischen beiden stets eine Relativgeschwindigkeit zueinander. Die wird dann eben mit Vektoren ermittelt. Etwa so:

vektoren.GIF
vektoren.GIF (2.64 KiB) 3834-mal betrachtet


Die Relativgeschwindigkeit CAB ergibt sich aus CA und CB. Die Richtung CB liegt nicht parallel zu CA!

Die Relativgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit eines Objekts im Ruhesystem eines anderen Objektes. Man braucht kein 3. Objekt zwecks Relativierung, weil bei Inertialsystemen stets eines als ruhend definierbar ist. Oder man bildet die Differenz der beiden Geschwindigkeiten im Vergleich zu einem ruhenden Beobachter, dem Laborsystem.

Dass es bei Rotationen zu Relativgeschwindigkeiten kommt, ist besonders kristallklar, denn hier handelt es sich um absolute Bewegungen. Deshalb haben alle Punkte auf unserem Globus Relativgeschwindigkeiten zueinander, obwohl sich ihre Abstände nicht ändern. Aber es kommt zu Geschwindigkeitsdifferenzen. Wie Einstein 1905 ganz richtig beschreibt, gibt es eine Relativbewegung zwischen dem Pol und dem Äquator, aber es gibt diese auch zwischen einander gegenüber liegenden Punkten des Erdballs - auch wenn man das nicht sofort einsieht (oder gar nicht einsieht, wie dies bei manchen Teilnehmern dieses Forums der Fall ist). Daher haben Jocelynes Eistänzer selbstverständlich alle Relativgeschwindigkeiten zueinander - auch wenn sie sich an den Händen halten ... Es wird doch kein Problem sein, festzustellen, dass die äußeren Läufer sich schneller bewegen als die inneren. Es gibt also ohne Zweifel eine Geschwindigkeitsdifferenz.

Dazu eine Denkhilfe: Man stelle sich einen Kettenpanzer vor. Die Kette, die sich über ein Vorder- und ein Hinterrad bewegt, liegt praktisch nur auf dem Boden ( da ist v = 0 !), oberhalb aber bewegt sie sich schnell in die Gegenrichtung, und zwar mit 2v ! Das heisst, wenn auf einer rotierenden Scheibe ein Punkt als ruhend definiert ist, bewegt sich der gegenüberliegende Punkt mit 2v ! Es liegt also sehr wohl eine kräftige Geschwindigkeitsdifferenz vor, und das ist (wenn man mal davon absieht, dass die Rotation kein IS erlaubt und ein solches eben bei einer sehr großen Scheibe annähernd definierbar wäre) für die SRT deshalb relevant, weil es nur auf die Relativgeschwindigkeit ankommt - unabhängig von den Richtungen. Die für die Effekte resultierende Geschwindigkeit muss dann eben mit Vektorrechnung ermittelt werden (unter Beachtung des rel. Additionstheorems natürlich, wenn man konsistent mit der SRT rechnen will).

Zwei auf dem Globus gegenüberliegende Städte müssten deshalb sehr wohl gegenseitig eine ZD aufweisen. Da dies nicht denkbar ist, weil absurd, setzt der Relativist ein Mittelpunktssystem ein (also ein drittes BS) um zu erklären, wieso es diese ZD nicht gäbe. Das Argument nützt aber nichts, denn man kann ja unterschiedliche Breitengrade nehmen und dabei darauf achten, dass durch geeignete Wahl des Standortes das Gravitationspotenzial dasselbe ist. Dann wird man schon bei einem Breitengradunterschied von nur 10 Grad berechnen können, dass die gegenseitige ZD schon innerhalb eines Jahres im Bereich von einigen Hundert Nanosekunden liegt, was mit Cäsium-Fontänen, die eine Genauigkeits-Auflösung von etwa 30 Nanosekunden haben, bereits feststellbar wäre. Ich gehe jede Wette sein, dass man nichts dergleichen feststellen könnte, weil eine konkrete ZD nicht gleichzeitig in beiden Städten möglich ist.

Die Behauptung von GOM, die SRT behandle nur parallel zueinander liegende Bewegungen, ist Humbug. Die SRT behandelt beliebige Bewegungen beliebig definierbarer Bezugssysteme, soferne sie annähernd als inertial beurteilt werden können (schwache Gravitation, vernachlässigbare Kräfte). Oder Bewegungen, die auf ein Inertialsystem bezogen werden (Hafele & Keating z.B.). Wäre das nicht so, könnte man sämtliche Experimente, die angeblich die SRT bestätigen, aber auf der rotierenden Erde durchgeführt wurden, vergessen. Dem ist aber nicht so, denn jeder Billardtisch, auf welchem man störungsfrei Billard spielen kann, beweist, dass die Erdoberfläche mit guter Näherung als inertial bewegt angesehen werden kann. Es ist daher gar nicht notwendig, nicht mitrotierende Bezugssysteme zu konstruieren, es sei denn, die angestrebten Ergebnisse eines Experimentes erfordern dies (wieder Hafele & Keating).

Auch im geostationären Satelliten müsste gegenüber dem Erdboden eine SRT-ZD auftreten. Aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz, und nicht aufgrund einer Abstandsveränderung.

Tja, da sollte es wohl andere Meinungen geben, die revidiert werden sollten ;)

Grüße
Harald Maurer
Harald Maurer
Administrator
 
Beiträge: 3218
Registriert: Di 30. Dez 2008, 13:05
Wohnort: Graz

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » Mo 8. Mär 2010, 18:16

Harald Maurer hat geschrieben:
scharo hat geschrieben:Ich bin mir sicher, dass Harald seine Meinung auch mittlerweile berichtigt hat.


Nein, meine Meinung ist unverändert und felsenfest!
Der Begriff "Relativgeschwindigkeit" ist überhaupt kein Problem für mich. Er hat nichts mit der Richtung zu tun, d.h. zwei Bezugssysteme müssen nicht auf derselben x-Achse liegen, sondern können sich beliebig im Raum bewegen. Dennoch gibt es zwischen beiden stets eine Relativgeschwindigkeit zueinander. Die wird dann eben mit Vektoren ermittelt.

Ja, genau so ist das alles, wenn man Relativgeschwindigkeit als Vektordifferenz definiert. Da stimmen wir ganz überein.
Nur eine kleine Korrektur:
In deinem Bild hast du die Vektorsumme dargestellt; gefragt ist aber die Differenz (Bild aus Wiki) (ich hoffe, die Pfeile sind erkennbar):
180px-Vector_subtraction_svg.png
180px-Vector_subtraction_svg.png (5.51 KiB) 3772-mal betrachtet


Wiki offeriert:
Die Relativgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit eines Objekts im Ruhesystem eines anderen Objektes. In der Newtonschen Mechanik ist dies einfach die Differenz der beiden Geschwindigkeiten im Vergleich zu einem ruhenden Beobachter, dem Laborsystem.

Also die Differenz zweier Geschwindigkeiten zum ruhenden (bei uns nicht mitrotierenden) Beobachter. Das macht nur Sinn bei unserer vektoriellen Betrachtung.

Manche hier verstehen aber unter Relativgeschwindigkeit eine skalare Größe; die Abstandsänderung. Und da ergibt sich natürlich anderes.

Die Relativisten wiederum verstehen Relativgeschwindigkeit wie Du und ich als Vektordifferenz. Daher die nachlaufende Kirchturmuhr. Bei Orten auf einem identischen Breitengrad allerdings kommen sie ins Straucheln.

Gruß
Ernst
Zuletzt geändert von Ernst am Mo 8. Mär 2010, 20:17, insgesamt 2-mal geändert.
Ernst
 
Beiträge: 11188
Registriert: Mi 31. Dez 2008, 18:58

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Trigemina » Mo 8. Mär 2010, 18:19

Der Unterschied zweier diametral gegenüberliegender Punkte auf einem Rotationskörper zur Translationsbewegung ist folgender:

Die zwei Punkte gleichen radialen Abstandes und gleichen Breitengrads zum Rotationszentrum befinden sich im gleichen Bezugssystem, obwohl ihre Geschwindigkeitsvektoren in die entgegengesetzten Richtungen weisen und bei Translationsbewegungen als zwei verschiedene Bezugssysteme aufzufassen wären.

Beide Uhren können somit von der anderen behaupten, dass sie den gleichen Takt haben (Zeitnormal) und sich die Uhrzeiten lediglich um die Beträge der Zeitverzögerungen unterscheiden, die die Lichtsignale von A nach B und von B nach A in die gleiche Richtung brauchen.

Die aufgrund der Rotation verursachte kinematische Zeitdilatation (z.B. zwischen Pol und Äquator) wird durch die gravitative Zeitdilatation (Abplattung an den Polen) fast kompensiert. Es bleibt unter dem Strich nur eine geringe Differenz übrig

Gruss
Trigemina
 
Beiträge: 954
Registriert: So 11. Jan 2009, 14:30

Re: Relativität der Gleichzeitigkeit

Beitragvon Ernst » Mo 8. Mär 2010, 18:38

Chief hat geschrieben:
Ernst hat geschrieben:...Die Relativisten wiederum verstehen Relativgeschwindigkeit wie Du und ich als Vektordifferenz. Daher die nachlaufende Kirchturmuhr...

Da vergessen aber alle, dass die Erde auch noch um die Sonne fliegt und im Mittel sind beide Geschwindigkeiten (Kirchturm und Erdboden) gleich.

Da ist ja nur ein konstanter Anteil überlagert. Die Differenz bleibt.

Gruß
Ernst
Ernst
 
Beiträge: 11188
Registriert: Mi 31. Dez 2008, 18:58

VorherigeNächste

Zurück zu Relativitätstheorie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 59 Gäste

cron