Materialismus gegen Relativitätstheorie

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Materialismus gegen Relativitätstheorie

Beitragvon Lagrange » Mo 29. Jul 2019, 12:52

Lenin, im Mai 1908 hat geschrieben:...
Engels wies Dühring nach, daß das Leugnen der objektiven Realität von Zeit und Raum
theoretisch eine philosophische Konfusion, praktisch die Kapitulation oder Ohnmacht vor
dem Fideismus ist
.

Betrachten wir jetzt die „Lehre“ des „neuesten Positivismus“ über diesen Gegenstand.
Wir lesen bei Mach: „Raum und Zeit sind wohlgeordnete Systeme von
Empfindungsreihen
.“ („Mechanik“, 3. dtsch. Aufl., S. 498.) Das ist offenkundiger
idealistischer Unsinn, der sich unvermeidlich aus der Lehre ergibt, daß die Körper
Empfindungskomplexe seien
. Nicht der Mensch mit seinen Empfindungen existiert in Raum
und Zeit, sondern Raum und Zeit existieren im Menschen, sind von ihm abhängig, von ihm
erzeugt - so sieht die Sache bei Mach aus.
Er spürt, daß er zum Idealismus abgleitet, und
leistet „Widerstand“, indem er eine Menge Vorbehalte macht und, ähnlich wie Dühring, die
Frage in langatmigen Betrachtungen über die Veränderlichkeit unserer Raum- und
Zeitbegriffe, ihre Relativität usw. untergehen lassen will (siehe besonders „Erkenntnis und
Irrtum“). Doch das rettet ihn nicht und kann ihn nicht retten, denn wirklich überwinden kann
man die idealistische Position in dieser Frage einzig und allein dadurch, daß man die
objektive Realität von Raum und Zeit anerkennt
. Das aber will Mach um keinen Preis. Er
baut die gnoseologische Theorie von Zeit und Raum auf dem Prinzip des Relativismus auf,
das ist alles. Zu etwas anderem als zum subjektiven Idealismus kann eine solche
Konstruktion dem Wesen der Sache nach nicht führen, wie wir dies bereits bei der
Behandlung der absoluten und relativen Wahrheit klargestellt haben.
...


:lol:

Er kannte Einstein noch nicht. :D
Zuletzt geändert von Lagrange am Di 30. Jul 2019, 09:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Materialismus gegen Relativitätstheorie

Beitragvon Lagrange » Mo 29. Jul 2019, 20:41

Relativität von Zeit und Raum nach Poincaré
Lenin hat geschrieben:...
Der philosophische Idealismus ist nur eine verkappte, ausgeschmückte Spukgeschichte.
Man schaue sich aber die französischen und englischen Vertreter des Empiriokritizismus an,
die weniger schwülstig sind als die deutschen Vertreter dieser philosophischen Strömung.
Poincaré meint, daß die Begriffe von Raum und Zeit relativ seien und daß folglich
(für die Nichtmaterialisten ist das in der Tat „folglich“)
„nicht die Natur sie“ (diese Begriffe) „uns aufdrängt (impose), sondern
daß wir sie der Natur aufdrängen, weil wir sie bequem finden“ (l. c., p. 6 [S. 4]).
Rechtfertigt
das etwa nicht das Entzücken der deutschen Kantianer? Bestätigt das etwa nicht die
Erklärung von Engels, daß eine konsequente philosophische Lehre entweder die Natur oder
das menschliche Denken als das Primäre annehmen muß?
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Re: Materialismus gegen Relativitätstheorie

Beitragvon Lagrange » Mo 29. Jul 2019, 21:14

Hmmm, es scheint dass Engels und Lenin bessere Physiker waren als manche Physiker heute. :lol:

Lenin hat geschrieben:Der bekannte französische Physiker Henri Poincaré meint in seinem Buch „Der Wert der
Wissenschaft“, es gebe „Anzeichen einer ernsthaften Krise“ der Physik, und er widmet dieser
Krise ein besonderes Kapitel
(ch. VIII, vgl. p. 171 [S. 129]). Diese Krise erschöpfe sich nicht
darin, daß „der große Revolutionär Radium“ das Prinzip der Erhaltung der Energie in Frage
stelle. „Auch alle anderen Prinzipien sind in Gefahr.“
(180 [136].) Zum Beispiel das
Lavoisiersche Prinzip oder das Prinzip der Erhaltung der Masse sei durch die
Elektronentheorie der Materie untergraben. Nach dieser Theorie werden die Atome von
kleinsten, mit positiver oder negativer Elektrizität geladenen Teilchen (Elektronen) gebildet,
die „in eine Umgebung getaucht sind, die wir Äther nennen“
. Die Experimente der Physiker
liefern das Material, um die Bewegungsgeschwindigkeit der Elektronen und ihre Masse (bzw.
das Verhältnis ihrer Masse zu ihrer elektrischen Ladung) zu berechnen. Die
Bewegungsgeschwindigkeit ist der Lichtgeschwindigkeit (300.000 km in der Sekunde)
vergleichbar, sie erreicht beispielsweise ein Drittel dieser Geschwindigkeit. Unter diesen Umständen
muß eine zweifache Masse des Elektrons in Betracht gezogen werden entsprechend der
Notwendigkeit, die Trägheit erstens des Elektrons selbst und zweitens die des Äthers zu
überwinden. Die erste Masse wird die reale oder mechanische Masse des Elektrons sein, die
zweite „die elektrodynamische Masse, die die Trägheit des Äthers darstellt“. Und nun erweist
sich die erste Masse gleich Null. Die ganze Masse der Elektronen, oder wenigstens der
negativen Elektronen, erweist sich ihrem Ursprung nach gänzlich und ausschließlich als
elektrodynamisch.
Die Masse verschwindet. Die Grundlagen der Mechanik werden
untergraben. Untergraben wird das Prinzip Newtons, die Gleichheit von Wirkung und
Gegenwirkung, usw.
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Re: Materialismus gegen Relativitätstheorie

Beitragvon Lagrange » Mo 29. Jul 2019, 21:25

Vor uns liegen, sagt Poincaré, die „Ruinen“ der alten Prinzipien der Physik, wir erleben einen
„allgemeinen Zusammenbruch der Prinzipien“. Allerdings, bemerkt er, alle diese Ausnahmen
von den Prinzipien beziehen sich nur auf unendlich kleine Größen; es ist wohl möglich, daß
wir andere unendlich kleine Größen, die der Erschütterung der alten Gesetze entgegenwirken,
noch nicht kennen
. Außerdem ist das Radium sehr selten. Jedenfalls aber ist eine „Periode
der Zweifel“ da. Die erkenntnistheoretischen Schlußfolgerungen des Verfassers aus dieser
„Periode der Zweifel“ haben wir schon kennengelernt: „Nicht die Natur drängt uns die
Begriffe von Raum und Zeit auf, sondern wir drängen sie der Natur auf“, „alles, was nicht
Gedanke ist, ist das reinste Nichts
.“
Das sind idealistische Schlußfolgerungen. Die Zerstörung
der grundlegendsten Prinzipien beweise (so der Gedankengang Poincarés), daß diese
Prinzipien nicht irgendwelche Kopien, Abbilder der Natur, nicht Abbildungen von irgend
etwas außerhalb des menschlichen Bewußtseins Liegendem, sondern Produkte dieses
Bewußtseins seien
.
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Re: Materialismus gegen Relativitätstheorie

Beitragvon Lagrange » Mo 29. Jul 2019, 22:36

...

H. Poincaré beruft sich auf das Kriterium der Praxis. Doch damit verschiebt er nun die Frage,
löst sie aber nicht, denn man kann dieses Kriterium ebensogut im subjektiven wie im
objektiven Sinn interpretieren. Le Roy erkennt dieses Kriterium für die Wissenschaft und die
Industrie ebenfalls an; er verneint nun, daß dieses Kriterium die objektive Wahrheit beweist,
denn ihm genügt diese Verneinung, um die subjektive Wahrheit der Religion neben der
subjektiven (außerhalb der Menschheit nicht existierenden) Wahrheit der Wissenschaft
anzuerkennen. H. Poincaré sieht, daß es nicht angeht, sich gegen Le Roy lediglich auf die
Praxis zu berufen, und er geht zur Frage der Objektivität der Wissenschaft über: „Was ist das
Kriterium der Objektivität der Wissenschaft? Es ist genau dasselbe wie das Kriterium unseres
Glaubens an die äußeren Gegenstände. Diese sind insofern real, als die Empfindungen, die sie
in uns hervorrufen
(qu’ils nous font éprouver), uns untereinander durch ein gewisses
unzerstörbares Bindemittel verknüpft scheinen und nicht durch einen flüchtigen Zufall.

(269/270 [204].)
Daß der Urheber einer solchen Betrachtung ein großer Physiker sein kann, ist wohl möglich.
Absolut unbestreitbar aber ist, daß ihn als Philosophen nun die
Woroschilow-Juschkewitsch ernst nehmen können. Man erklärte den Materialismus für
vernichtet durch eine „Theorie“, die sich schon beim ersten Ansturm des Fideismus unter die
Fittiche des Materialismus flüchtet! Denn es ist reinster Materialismus, wenn man der
Meinung ist, daß die Empfindungen in uns durch reale Gegenstände hervorgerufen werden
und daß der „Glaube“ an die Objektivität der Wissenschaft der gleiche ist wie der „Glaube“
an die objektive Existenz der äußeren Gegenstände.
„... Man kann zum Beispiel sagen, daß der Äther nicht wenigen Realität besitzt als jeder
beliebige äußere Körper
.“ (270 [204].)
Welchen Lärm hätten die Machisten geschlagen, wenn das ein Materialist gesagt hätte! Wie
viele faule Witze über „ätherischen Materialismus“ u. ä. m. wären da gemacht worden! Aber
schon fünf Seiten weiter orakelt der Begründer des neuesten Empiriosymbolismus: „Alles,
was nicht Gedanke ist, ist das reine Nichts; denn wir können nichts denken als den
Gedanken.“
(276 [209].) Sie irren, Herr Poincaré: Ihre Werke liefern den Beweis, daß es
Leute gibt, die nur Unsinn denken können.
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