Zitate von Trigemina:
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Du willst die Uhrzeit vom ihrer Weltlinie abkoppeln und isolieren: das geht aber nicht, genausowenig wie man Weltlinien nach Lust und Laune tauschen kann, indem ihre relative Konfiguration darauf ermittelt wird ohne z.B. Energie- und Impulserhaltung zu berücksichtigen, obwohl dies ein dynamisches Argument und kein kinematisches mehr ist.
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Erst durch die Beschleunigung eines von beiden wird die Verlangsamung des einen manifest (Knick in der Weltlinie).
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dabei werden unterschiedliche Längen der beiden Weltlinien allein durch asymmetrische Beschleunigung erreicht, weil jede Änderung einer geodätischen Weltlinie mit Beschleunigung (oder Kraft-/ Energieaufwand im dynamischen Sinne) verbunden ist
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Man kann nach ihrer Wiedervereinigung definitiv sagen, dass der Raumfahrer mit der längeren Weltlinie (Raumzeit, im Minkowski-Diagramm auf eine Raumdimension reduziert) jünger ist.
Da hier im Rahmen des Zwillingsparadoxons von Trigemina letztes Ende tüchtig mit Begriffen und Vorstellungen aus der „
Minkowski-Welt“ ohne weitere Erläuterungen herumgeschmissen wird, als ob es selbstverständlich wäre, dass jedermann diese Begriffe und diese Vorstellungen aus einer von den Menschen grundsätzlich nicht konkret und materiell erfahrbaren "
Welt" kennen und ihre von Minkowski angedachte Bedeutung verstehen würde, finde ich an dieser Stelle nützlich, die verschiedenen Analysen der Forschungsgruppe G.O. Mueller darüber hier zur Information, zum Nachdenken und zum Mitdenken vorzustellen, die sich ausführlich und tiefgründig mit der
"Minkowski-Welt" ab Seite 93 des Fehlerkatalogs ihrer Dokumentation auseinandergesetzt hat:
Zitat G.O. Mueller:
G: Minkowski-Welt / Fehler Nr. 1
Minkowski behauptet, "die Anschauungen über Raum und Zeit, die ich Ihnen entwickeln möchte, sind auf experimentell-physikalischem Boden erwachsen. Darin liegt ihre Stärke."
Die zitierte Behauptung hat Minkowski in seinem Kölner Vortrag (zitiert nach Abdruck 1923) aufgestellt (S. 54). Den Nachweis eines "experimentell-physikalischen Bodens" bleibt er schuldig. In dem gesamten Vortragstext wird ein einziger experimenteller Befunde genannt (S. 58): der Michelson-Morley-Versuch, sein "negatives Ergebnis" und zur Erklärung die Kontraktionshypothese von Lorentz. Darin soll die Stärke liegen.
Im übrigen beruft sich Minkowski auf eine eigene Veröffentlichung (1908) und auf Veröffentlichungen von W. Voigt (1887), A. Einstein (1905 u. 1907), Max Planck (1906 u. 1907), I. R. Schütz (1897), A. Liénard (1898), E. Wiechert (1900), K. Schwarzschild (1903):
Minkowski zitiert sie sämtlich als Quellen für theoretische Überlegungen, für mathematische Beziehungen, für eine "Revision der gesamten Physik" (S. 62), für den "axiomatischen Aufbau der Newtonschen Mechanik" (S. 64), für aufgestellte Elementargesetze, jedoch für keinen einzigen experimentellen Befund.
Nur auf einen einzigen experimentellen Befund, das angebliche Null-Ergebnis, also stützt sich Minkowski 1908, während schon 1904 und 1905 von Morley und Miller in Cleveland eine Äther-Drift von 7,5 km/sec bestätigt worden war. - Aber auch das angenommene Negativergebnis als "experimentell-physikalischer Boden" stützt keine der weitgehenden Behauptungen Minkowskis über Zeit und Raum und verleiht seinen mathematischen Konstruktionen keine physikalische "Stärke".
Zu behaupten, die dargelegten Raum- und Zeit-Anschauungen beruhten auf experimentell- physikalischer Grundlage, ist reine Phantasie. Wo in der physikalischen Wirklichkeit gibt es eine vierte Dimension, die man mit Meßintrumenten ausmessen kann? Wo wird eine Zeitkoordinate mit imaginärem Wert gemessen? Wo verläuft im dreidimensionalen Raum unserer Erfahrung eine Weltlinie? Kann z. B. zwischen London und Paris eine "Weltlinie" verlaufen? Wie kann ein ponderabler Körper unserer Erfahrung in der Minkowski-Welt aufgestellt werden? Alles könnte, wenn überhaupt, dann nur auf dem Millimeterpapier des Mathematikers/Geometers stattfinden.
Die Anschauungen Minkowskis sind in Wahrheit lediglich eine Illustration der Speziellen Relativitätstheorie Albert Einsteins und haben nicht mehr experimentelle Grundlagen als die Theorie selbst, nämlich gar keine. Ein experimentell-physikalischer Boden ist nicht vorhanden, keine Stärke, nur geduldiges Papier, und flauschige Redensarten wie "Geschenk von oben" (S. 59) und "die mystische Formel" (S. 64): 3 mal 10[hoch 5] km = [Wurzel -1] sek.
Minkowski ist leider zu früh verstorben (1909), so daß wir nicht wissen werden, ob und wie er auf den neuen "experimentell-physikalischen Boden" der Interferometer-Experimente von 1904, 1905, 1913, 1921 und 1925 reagiert hätte. - Daß Minkowski einzig und allein in einem Negativ-Ergebnis mit einem erst kürzlich neu entwickelten und noch keineswegs ausgereiften Instrument (Interferometer) Michelsons bereits eine "starke" physikalische Grundlage sieht, spricht allerdings gegen ihn.
Minkowskis willkürlich-sorgloser Umgang mit der physikalischen Wirklichkeit, wie sein Vortrag es dokumentiert, läßt keine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit experimentellen Befunden erwarten, die seinen Konstruktionen und Behauptungen nicht dienlich wären.
Wer "unendlich viele Räume" annehmen kann, wer einen Raum um seinen "Nullpunkt" drehen kann (was könnte der Nullpunkt eines wirklichen Raumes sein? und was würde mit ponderablen Körpern im Raum bei der Drehung des Raumes geschehen?) und die Längenkontraktion, für die es nicht die Spur eines empirischen Beweises gibt, als "Geschenk von oben" hinstellt, und die Gleichung km = sek als mystische Formel anpreist, der beweist nur, daß er sich aus der Mathematik in die Physik verirrt hat.
Minkowski, Hermann: Raum und Zeit : Vortrag, 80. Naturforscher-Vers., Köln 1908, 21. Sept. In:
Naturforschende Gesellschaft, Cöln. Verhandlungen. 80. 1909, S. 4-9. Zugleich in: Physikalische
Zeitschrift. 20. 1909, S. 104-111. Abdruck in: Das Relativitätsprinzip. Lorentz, Einstein, Minkowski. 5.
Aufl. 1923, S. 54-66; Anm. v. A. Sommerfeld: S. 67-71.
Viele Grüße
Jocelyne Lopez