Ralf Maeder hat geschrieben:PS: Ist das nicht letztendlich was aus der Berechnung des Pythagoras in Bezug zur Bewegung von Licht (Lichtuhr) in einem bewegten Bezugssystem als ZD interpretiert wird?
Ja, das ist es. Wenn man einen Ball in einem fahrenden Zug senkrecht hochwirft, kommt er an die Stelle zurück, wo er hochgeworfen wurde, obwohl der Außenbeobachter zwei diagonal verlaufende Flugstrecken sieht. Die Geschwindigkeit des Balls ist aber für den Außenbeobachter ebenfalls verändert (die des Zugs kommt hinzu). Der Ball wird für den Zuginsassen und für den Außenbeobachter nach der gleichen Zeit wieder am Boden landen. Wenn wir in einem ruhenden Zug einen Lichtstrahl in der Mitte des Zugs zur Decke werfen (da ist ein Spiegel) und gleichzeitig vom gleichen Punkt einen Strahl zur Vorderwand und einen zur Rückwand werfen (da sind auch Spiegel) und die Strahlen werden reflektiert, kommen sie bei gleich langen Strecken gleichzeitig wieder zum Ausgangspunkt zurück. Findet das in einem bewegten Zug statt, sieht aber der Außenbeobachter den senkrechten Lichtstrahl wieder in zwei Diagonalen zerlegt, und da Einstein postuliert hat, dass es im Zug keine höhere LG als c geben darf, kommt der senkrechte Strahl verspätet zurück und trifft mit den anderen Strahlen nicht mehr gleichzeitig zusammen. Der senkrechte Strahl hatte auch in den Diagonalen für den Außenbeobachter nur c. Das darf natürlich nicht sein, dass im Zug ein Experiment mit Licht anders abläuft, wenn er von außen betrachtet wird. Also was muss man tun, damit sich das Ereignis inmitten des Zugs nicht verändert? Man lässt den Winkel verschwinden, den die beiden Diagonalen bilden - und wie erreicht man das? Man lässt einfach den Zug schrumpfen in dem Ausmaß, das nötig ist, um die Diagonalen zu einer senkrechten Linie zusammen zu ziehen. Dass der Winkel dieses Ausmaß quantitativ vorgibt, ist zu erwarten. Man muss also nur den Winkel ermitteln, der sich durch die Geschwindigkeit des Zugs ergibt und kennt durch einfachen Pythagoras den Wert, um den der Zug kürzer erscheinen muss. Der Lorentzfaktor ist nichts anderes als dieser Winkel invers, da ja der Winkel verschwinden soll. Das war aber bis jetzt nur die halbe Miete, denn machen wir den Zug kürzer, kommen die horizontalen Strahlen zu früh zurück! Das geht natürlich auch nicht, und da wir sie nicht einfach langsamer machen dürfen (c=const!) machen wir die Zeit einfach um den gleichen Faktor kleiner, um den wir den Zug kürzer machten. Dann passt wieder alles. Klar ist sofort, dass dies alles nur für den Außenbeobachter gilt, der gegenüber dem bewegten Zug ruht, während im Ruhesystem des Zugs alles unabhängig von der Bewegung abläuft. "Zeit kleiner machen" bedeutet, dass im Zug für den Außenbeobachter weniger Sekunden vergehen, als dies im Außensystem (aber auch im
Ruhesystem des Zugs) der Fall ist. Jede Sekunde muss daher etwas länger dauern, daher der Ausdruck Zeitdilatation. Der senkrechte Strahl kommt (für den Außenbeobachter) auch genau mit dieser kleineren Zeit zurück, und wir finden in ihm nichts anderes als die sogenannte "Lichtuhr". Das alles hat also den Zweck, c=const im Zug aufrecht zu halten, ohne das Ereignis (die gleichzeitige Rückkehr der Lichtstrahlen zum Ausgangspunkt) zu verändern.
Der Außenbeobachter wird aber noch etwas sehen. Er sieht die Vorderwand dem einen horizontal abgestrahlten Lichtstrahl davon laufen und die Hinterwand dem anderen Lichtstrahl entgegen kommen. Er wird daher feststellen, dass die Reflexionszeitpunkte, die im Ruhesystem Zug gleichzeitig sind, für ihn nicht gleichzeitig erfolgen. Damit haben wir bereits die Effekte der SRT erklärt, LK, ZD und RdG.
Jetzt machen wir noch ein Experiment. Wir schießen mit einem Gewehr eine Kugel in die Decke des Zuges, und die macht ein Loch von ganz bestimmter Tiefe, die wir auf den Impuls der Kugel zurückführen. In der Senkrechten hat sich der Zug für den Außenbeobachter nicht verändert, er "sieht" aber, dass im Zug die Uhren langsamer laufen. Die Kugel schlägt ein, und die Uhren im Zug zeigen z.B. 1 s an. Der Außenbeobachter blickt auf seine Uhr und die war etwas schneller; für den Außenbeobachter entsteht also der Eindruck, die Kugel habe bis zur Decke länger gebraucht, sie erscheint ihm also mit einer verringerten Geschwindigkeit. Der Außenbeobachter wird daraus auf eine geringere Tiefe des Lochs in der Decke folgern. Es stellt sich aber heraus, dass sich die Tiefe des Lochs nicht verändert, und dies kann sich der Außenbeobachter mit zwei Möglichkeiten erklären. Entweder blieb der Impuls gleich, dann muss sich die Masse erhöht haben (p=mv, wird v kleiner und p bleibt gleich, muss m größer sein) oder er weiß, dass Masse eine invariante Größe ist, dann muss sich der Impuls erhöht haben, weil v kleiner erscheint. Und natürlich müsste sich der Impuls wieder um den Faktor erhöht haben, der sich aus dem Unterschied des Uhrengangs ergibt - also um den Lorentzfaktor. Damit haben wir schon den relativistischen Impuls erklärt. Die relativistische Masse wird nicht mehr angenommen, weil es auch für Relativisten ein Wunder wäre, würde durch Bezugssystemwechsel Masse entstehen.
Jetzt haben wir die ganze SRT quasi im Blitzkurs erarbeitet. Ob es da nun etwas zu "verstehen" gibt, ist eine ganz andere Frage! Wir müssen daran denken, dass sich alle Effekte nur für den Außenbeobachter ergeben. Im Zug selbst spielt sich alles gleich ab, ob er nun inertial bewegt ist oder ruht, macht keinen Unterschied. Und alle Effekte sind reziprok. Aus dem Ruhesystem des Zugs ins Außensystem gesehen werden sich für den Zug-Beobachter bei ähnlichem Szenario die gleichen Effekte ergeben!
Grüße
Harald Maurer