Die
Animation des Speichenrades mit kumulativen Effekten mag Zweifel erwecken, ob sie tatsächlich das zeigt, was die SRT für ein rotierendes Speichenrad vorhersagt.
Wie kann man nun überprüfen, ob die Bilder der Animation korrekt im Sinne der SRT sind?
Die Bilder sind genau dann korrekt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Ruhende Körper bzw. Volumenelemente erscheinen im Bild mit ihrer Ruhegeometrie.
- Gleichförmig geradlinig bewegte Körper oder Volumenelemente erscheinen im Bild mit ihrer kontrahierten Ruhegeometrie, wobei die Kontraktion alleine in Bewegungsrichtung auftritt und zu jedem Zeitpunkt vom Geschwindigkeitsvektor zu diesem Zeitpunkt abhängt.
- Ändert die Geschwindigkeit ihre Richtung, dann ändert die Kontraktion ihre Richtung.
- Ändert die Geschwindigkeit ihren Betrag, dann ändert die Kontraktion ihren Betrag.
- Die Kontraktion beträgt 1/γ_k(τ) = sqrt(1 - |u_k(t)|²/c²) wobei u_k(t) der Geschwindigkeitsvektor des k-ten Volumenelementes zum Zeitpunkt t ist.
- Die Ruhegeometrie des zu einem Zeitpunkt t = τ gezeigten Speichenrades stellt ein (das gemeinte) Speichenrad dar.
Die Bewegung aller Körper bzw. Volumenelemente kann in einem infinitesimalen Zeitintervall als geradlinig gleichförmig betrachtet werden.
Wie kann man nun einen Körper, der in dem Zeitintervall aus i.a. unterschiedlich bewegten Volumenelementen besteht, in Ruhe versetzen? Dazu muss man alle Volumenelemente des Körpers in Ruhe versetzen. Das ist grundsätzlich möglich, dabei ruht dann aber jedes Volumenelement in einem anderen Inertialsystem. Die Inertialsysteme benachbarter Volumenelemente sind dabei zwar quasi identisch, trotzdem hat man es aber pro Volumenelement mit einem je eigenen Inertialsystem zu tun.
Das gleiche Problem hat man mit einem Körper, der sich gemäß der galileischen Bewegungslehre allgemein bewegt. Die Volumenelemente des Körpers sind i.a. unterschiedlich bewegt. Man denke etwa an einen Planeten, der sich entlang einer Bahnkurve bewegt und dabei um irgendeine Achse um sich selbst rotiert. Die Geschwindigkeiten der Volumenelemente unterscheiden sich allesamt in Betrag und/oder Richtung.
Nun drehen wir alle Volumenelemente k des galileisch bewegten Körpers zu einem Zeitpunkt t = τ je nach der Richtung ihres Geschwindigkeitsvektors
u_k(τ) so um den Ursprung, dass alle Volumenelemente nun in x-Richtung bewegt sind. Dabei landen etwa alle Umkreispunkte eines in der x-y-Ebene um den Ursprung rotierenden Rades bei y = -r (r = radius). Wir erhalten nicht einmal eine Explosionsdarstellung des Körpers, eher das Gegenteil davon. Nun ziehen wir noch
u_k(τ) τ von den x-Werten der Volumenelemente ab. Damit landen die Volumenelemente in x-Richtung je nach gewähltem Zeitpunkt τ > 0 mehr oder weniger weiter links in dem merkwürdigen Bild, das wir produzieren. Handelte es sich bei unserem Körper um einen Körper, der in x-Richtung gleichförmig geradlinig bewegt war, dann hätten wir jetzt die unverfälschte Ruhegeometrie des Körpers zum Zeitpunkt t = 0 vor uns. Im allgemeinen Fall aber haben wir es nun mit einer Darstellung des Körpers zu tun, die nur als grob entartet bezeichnet werden kann.
Die Subtraktion von
u_k(τ) τ und die Drehung können wir natürlich rückgängig machen, um unseren Körper im bekannten ursprünglichen Zustand zum Zeitpunkt t = τ zu erhalten.
Dasselbe können wir auch mit dem einsteinisch bewegten Körper anstellen. Wir drehen alle Volumenelemente des einsteinisch bewegten Körpers zu einem Zeitpunkt t = τ je nach der Richtung ihres Geschwindigkeitsvektors
u_k(τ) so um den Ursprung, dass alle Volumenelemente nun in x-Richtung bewegt sind, und ziehen dann
u_k(τ) τ von den x-Werten der Volumenelemente ab. Damit haben wir im einsteinischen Fall noch nicht die Ruhegeometrie, dazu müssen wir die Koordinaten noch mit γ_k(τ) multiplizieren, um die Kontraktion zu entfernen. Auch hier erhalten wir die wahre Ruhegeometrie natürlich nur für den Fall eines in x-Richtung gleichförmig geradlinig bewegten Körpers und ansonsten eine mehr oder weniger entartete Darstellung des Körpers.
Die entartete Darstellung ist zwar entartet, aber nicht etwa informationslos. Denn wir haben uns die Richtung und den Betrag des Geschwindigkeitsvektors zu jedem Volumenelement gemerkt. Wir können sie rückgängig machen, um wieder den einsteinisch bewegten Körper im bekannten ursprünglichen Zustand zum Zeitpunkt t = τ zu erhalten. Wir können sie aber auch im galileischen Sinne rückgängig machen, dann erhalten wir denselben Körper im galileischen Sinne bewegt. Um den einsteinisch bewegten Körper zu erhalten, müssen wir mit 1/γ_k(τ) multiplizieren,
u_k(τ) τ addieren und gemäß dem Winkel von
u_k(τ) drehen. Um den galileisch bewegten Körper zu erhalten, verzichten wir auf die Multiplikation mit 1/γ_k(τ) und tun ansonsten dasselbe.
Fazit: Wir können eine galileisch bewegte Szene in eine einsteinisch bewegte Szene umwandeln und umgekehrt. Dabei mag die intermediäre Darstellung die Ruhegeometrie zeigen oder aber auch anstelle derselben eine entartete Darstellung, in der die Volumenelemente zwar ruhen, nicht aber gemeinsam die Ruhegeometrie bilden. Das aber bereitet kein Problem, da wir die intermediäre Darstellung in die galileisch bewegte Darstellung überführen können, die immer bis auf eine Translation und eine Rotation die Ruhegeometrie zeigt, denn in galileischen Szenen sind Körper starr.
Die Animation des Speichenrades mit kumulativen Effekten zeigt also tatsächlich ein gemäß SRT rotierendes Speichenrad (sofern sie tut, wozu sie beauftragt ist, was der Fall zu sein scheint).
Gruß
Faber
P.S.: Darüber, dass zwischen Volumenelementen bei positiver Beschleunigung Lücken entstehen könnten, oder dass Volumenelemente beim Bremsen sich gegenseitig durchdringen könnten, braucht man sich keine Gedanken zu machen. Die SRT handelt ja gerade von unmotivierter Kontraktion bei positiver Beschleunigung und unmotivierter Expansion beim Bremsen. Das regelt die Mathematik.