Lieber Ernst
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich pflichte deinen Ausführungen im Grenzfall geringer Relativgeschwindigkeiten zur Lichtgeschwindigkeit bei.
Bei physikalisch relevanten Relativgeschwindigkeiten gegen die Grenzgeschwindigkeit des Lichts kann von einer Symmetrie keine Spur sein, wenn der eine Zwilling in seinem Inertialsystem hocken bleibt, während es der andere phasenweise wechselt. Aufgrund der sich aus der Lorentz-Transformation ergebenden Relativität der Gleichzeitigkeit finden Ereignisse in verschiedenen Inertialsystemen zu unterschiedlichen Zeiten statt. Eine identische Relativgeschwindigkeit wird in verschiedenen Inertialsystemen zu unterschiedlichen Zeiten gemessen.
Legt man einen gemeinsamen Koordinatenursprung beider Systeme vor dem Start fest, wird die Symmetrie bereits während des Starts zerstört. Die beiden Systeme sind nicht mehr äquivalent, weshalb nicht mehr von einer gegenseitig austauschbaren Längenkontraktion und Zeitdilatation gesprochen werden kann – es sei denn durch einen neuen Koordinatenursprung nach der Beschleunigungsphase. Dies hiesse aber die Spielregeln während des Spiels ändern.
Von nun an verlaufen die Gleichzeitigkeitslinien schräg im Minkowski-Diagramm und ändern während der Reduktionsphase am Zielort ihren Winkel auf der Weltlinie, da während des Bremsvorgangs wiederum das Inertialsystem gewechselt wird. Die Gleichzeitigkeitslinien sind wieder parallel zueinander (Relativgeschwindigkeit=0). Die Eigenzeit des Astronauten (das was seine Uhr anzeigt) ist geringer als die Uhr auf der Erde. Der Stubenhocker würde dies auf die Zeitdilatation des gereisten Zwillings zurückführen, während der reisende Zwilling dies auf die Längenkontraktion zurückführte.
Die Rückreise verläuft analog zur Hinreise. Beim letzten Bremsvorgang zurück auf der Erde werden die Gleichzeitigkeitslinien wieder parallel gestellt. Der gereiste Zwilling ist weniger gealtert; seine Eigenzeit auf seiner mitgeführten Uhr ist geringer. Das Minkowski-Diagramm veranschaulicht die auf reine Kinematik zurückzuführende Irreversibilität der Ereignisse deutlich.
Dazu ein einfaches Beispiel mit instantanen Beschleunigungsphasen:
v=0.8c ; gamma=1.666 ; s=4LJ
t = s/v; = 5J
s’ = s/gamma = 2.4LJ
t’ = s’/v = 3J
Somit wären das mit Hin- und Rückreise 4 Jahre Altersunterschied zwischen den Zwillingen. An den kommerziell geführten und zu medizinischen Zwecken (Strahlentherapie) verwendeten Teilchenbeschleunigern ist dies längst kein Paradoxon mehr, sondern gehört über die längere Verfallszeit radioaktiver Präparate zum Alltag.
Gruss
rmw hat geschrieben: Trigemina hat geschrieben:Wie kann es eine absolute Zeit geben, wenn schon das Prädikat "gleichzeitig" für zwei Ereignisse an verschiedenen Orten nicht mehr allgemein verbindlich ist?
Na ja, nach der allenfalls hypothetischen RT nicht verbindlich ist.
Diese Aussage verkennt die Praxis angewandter Elektrodynamik im Hochgeschwindigkeitsbereich. Man muss sich wegen der in der Hochenergiephysik nicht wegzudiskutierenden SRT sehr kräftig die Augen angesichts solcher Äusserungen verschliessen.