Jocelyne Lopez hat geschrieben:Ich bezweifle sehr, dass Poincaré, Einstein und alle theoretische Wissenschaftler, die an das Prinzip der konstanten Lichtgeschwindigkeit gebastelt und daran für ihre Modelle festgehalten haben, es aus pragmatischen Überlegungen getan haben!
Nicht bezweifeln, sondern Poincaré lesen! Er schreibt zum Beispiel:
Wenn ich von einem Astronomen höre, daß ein Vorgang am Himmel, den ihm sein Fernrohr augenblicklich zeigt, vor fünfzig Jahren stattgehabt hat, so suche ich zu verstehen, was das heißt, und frage darum zuerst, woher er es weiß, das heißt, wie er die Lichtgeschwindigkeit bemessen hat.
Er hat zunächst angenommen, daß das Licht eine konstante Geschwindigkeit hat und besonders, daß seine Geschwindigkeit nach allen Richtungen die gleiche ist. Das ist ein Postulat, ohne das keine Messung dieser Geschwindigkeit versucht werden könnte. Dies Postulat wird nie durch die Erfahrung unmittelbar bestätigt werden können; es könnte aber durch sie widerlegt werden, wenn die Resultate verschiedener Messungen nicht übereinstimmend wären. Wir können uns glücklich schätzen, daß diese Widerlegung nicht stattfindet, und daß die kleinen Unterschiede, die sich zuweilen zeigen, leicht aufzuklären sind.
Das mit dem Satze vom zureichenden Grund übereinstimmende Postulat ist unter allen Umständen von der ganzen Welt angenommen worden; was ich hervorheben möchte, ist, daß es uns eine neue Regel zur Auffindung der Gleichzeitigkeit liefert, die vollständig verschieden ist von denen, die ich oben beschrieben habe.
Sehen wir jetzt, wie man bei Anerkennung dieses Postulats die Lichtgeschwindigkeit messen konnte.
Es ist bekannt, daß Roemer sich der Verfinsterungen der Jupitermonde bedient und beobachtet hat, um wie viel dies Ereignis hinter der Voraussage zurückblieb.
Wie gelangt man aber zu dieser Voraussage? Mit Hilfe der astronomischen Gesetze, zum Beispiel des Newtonschen Gesetzes.
Könnten sich die beobachteten Tatsachen nicht ebensogut erklären, wenn man dem Licht eine von der angenommenen Geschwindigkeit etwas abweichende zuschriebe und annähme, daß das Newtonsche Gesetz nur annähernd richtig wäre? Man müßte dann aber das Newtonsche Gesetz durch ein anderes, viel komplizierteres, ersetzen.
Man nimmt also für das Licht eine solche Geschwindigkeit an, daß die damit verträglichen astronomischen Gesetze so einfach als möglich sind.
Zitiert aus "Das Maß der Zeit" von Henri Poincaré, erschienen in "Der Wert der Wissenschaft", Kap. 2, S. 26-43, Verlag Teubner
Besonders aus dem letzten Satz ersieht man, dass das Postulat zu einem praktischen Zweck eingeführt wurde. Mir jedenfalls ist das klar.
Grüße
Harald Maurer