ralfkannenberg hat geschrieben:
Meines Wissens setzt die Anwendbarkeit der SRT gleichmässig bewegte Koordinatensysteme voraus. Dies kann z.B. bei Translationen erfüllt werden, ist indes bei nicht-trivialen Rotationen (d.h. Rotationsgeschwindigkeit ungleich 0) naturgemäss nicht gegeben, d.h. hier sind vermutlich zusätzliche Terme erforderlich. Dennoch sehe ich hier zunächst keinen "Fehler".
Obwohl die behauptete Lorentzkontraktion der Scheibe laut SRT nicht auftreten dürfte, da sich diese ausschließlich auf linear bewegte Inertialsysteme beschränkt, hat man immer wieder versucht, die SRT auch für nicht-euklidische Geometrie zu verallgemeinen. Paul Ehrenfest bezweifelte aber die Lorentzkontraktion und wandte ein, dass eine rotierende Scheibe immer kleiner werden und sich dabei verbiegen müsste.
Einstein veröffentlichte einige Gegenargumente und verschaffte Paul Ehrenfest einen sehr begehrten Lehrstuhl als Professor in den Niederlanden. Ehrenfest übte von da an keinerlei Kritik mehr an Einsteins Thesen...und das Ehrenfestsche Paradoxon wurde in den Lehrbüchern der speziellen Relativitätstheorie nicht mehr erwähnt !
Im Jahre 1973 wurde Ehrenfests Paradoxon vom Physiker Thomas E. Phipps experimentell überprüft. Das Resultat war bekanntlich ein Nulleffekt. Phipps reichte seine Ergebnisse bei der renomierten Fachzeitschrift NATURE ein. Eine Veröffentlichung wurde erwartungsgemäß strikt abgelehnt. Nur eine kleine italienische Fachzeitschrift publizierte zuerst diesen Versuch!
Eine rotierende Scheibe ist in der Tat
kein Inertialsystem. Daher kann man auf sie die Spezielle Relativitätstheorie
nicht anwenden, auch wenn Trigemina, die drauf und dran ist, die ART neu zu erfinden (Stichwort Differenzialgeometrie), dies im Bestreben versucht, das Zahnradparadoxon Fabers zu widerlegen . Falls man die Lorentzkontraktion für das rotierende Rad berechnet, verkürzt sich dessen Umfang bei gleich bleibendem Radius genau im gleichen Ausmaß wie dies bei der im IS des Zahnradwaggons bewegten Zahnschiene geschieht - und man sollte meinen, die Rad-Zähne würden daher nach wie vor zu den Zähnen der Schiene passen.
Fabers Paradoxon ist aber damit nicht widerlegbar. Denn sollte die Lorentzkontraktion tatsächlich den Umfang des Rades betreffen, so ist sie
kumulativ (sowohl Faber als auch Trigemina haben diesen Umstand noch gar nicht bedacht!). Deshalb hatte Phipps sein Scheibchen ja auch 4 Monate lang rotieren lassen! Das heisst, der Umfang des Zahnrades müsste während der Fahrt
immer mehr schrumpfen - wogegen die Kontraktion bei der linearen Zahnschiene
nicht kumulativ wäre! Dass unter solchen Voraussetzungen die Zahnradbahn nicht funktionieren könnte, muss man wohl nicht mehr lange erklären. Deshalb habe ich Faber zu diesem Paradoxon sofort gratuliert. Es zeigt sich damit zweifellos, dass die SRT bei der Beschreibung von Rotationen jämmerlich versagt - und Faber zieht zurecht das Resumee:
Wenn die SRT nicht zuständig für Rotationseffekte ist, dann besteht vielleicht der größte Fehler der Theorie in ihrer begrenzten Gültigkeitsdauer. Sie gilt dann nur bis zur Erfindung des Rades. D.h. für den amerikanischen Kontinent nur bis Kolumbus.
Einstein hätte nicht die ART entwickelt, wenn er diese Schwäche der SRT nicht erkannt hätte. Und die ART ist keinesfalls eine auf nicht-euklidische Geometrie verallgemeinerte SRT, sondern hat mit dieser überhaupt nichts zu tun (außer der Übernahme einiger Ausdrücke). Eigentlich hat er mit der ART die SRT widerlegt, indem er die Grundannahmen (Postulate) der SRT selbst relativierte. Während man die ART mit gewisser Einschränkung als Naturbeschreibung sehen kann, ist die SRT nur eine mathematische Spielerei innerhalb theoretischer Bedingungen, die in unserer Welt nicht verwirklicht sind.
Es ist deshalb nicht überraschend, dass sich viele "SRT-Paradoxa" ohne "ART-Hilfe" nicht widerlegen lassen.
Grüße
Harald Maurer
Quellen
[1] P. Ehrenfest, Gleichförmige Rotation starrer Körper und Relativitätstheorie, Physikalische Zeitschrift. p. 918. (1909)
[2] T. E. Phipps, Do metric standards contract?, Foundations of physics pp. 289-307, (1980)