Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Hier wird die Relativitätstheorie Einsteins kritisiert oder verteidigt

Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Trigemina » Sa 25. Apr 2009, 22:26

Faber hat geschrieben:Die Rede von unbewegten euklidischen und rotierenden nicht-euklidischen Objekten ist sprachlich nicht sinnvoll.


Ich finde diese Bezeichnungen nicht nur sinnvoll, sondern geradezu elementar um dieses schräge nicht-Pi-zahlige Verhältnis in einfachen Worten zu erklären. Ein rotierender Körper, dessen nicht-euklidische Raumzeit-Koordinaten mit einem euklidischen Labor- (Rinnen-) Massstab gemessen werden, lassen das Ehrenfest-Paradoxon sogar ohne komplizierte Rechnung plausibel erscheinen.

Ein ganz kurzer Exkurs in die ART (um die es hier nicht geht) zeigt eine ziemlich ähnliche Situation zu rotierenden Körpern in der SRT. Die gekrümmte Raumzeit der ART ist eine Folge unendlich vieler einzelner Koordinatensysteme der flachen Raumzeit, die zusammengesetzt die Riemannsche Metrik ergeben, die ebenfalls nicht-euklidisch ist. Ein Kreis im Gravitationsfeld hätte auch ein von Pi abweichendes Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser.

Gruss
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Faber » Sa 25. Apr 2009, 22:46

Trigemina hat geschrieben:Ein rotierender Körper, dessen nicht-euklidische Raumzeit-Koordinaten mit einem euklidischen Labor- (Rinnen-) Massstab gemessen werden, lassen das Ehrenfest-Paradoxon sogar ohne komplizierte Rechnung plausibel erscheinen.

Und wieder nichts Neues. Sie bringen sprachlichen Unfug und sind nicht in der Lage, die Weltlinien der Punkte des rotierenden Rings in der flachen SRT-Raumzeit anzugeben. Außerdem widersprechen Sie der Literatur, die sie selbst empfehlen. Sie bringen erneut keine Begründung der Richtigkeit Ihrer Behauptungen.

Das da:

Trigemina hat geschrieben:Ein ganz kurzer Exkurs in die ART (um die es hier nicht geht) zeigt eine ziemlich ähnliche Situation zu rotierenden Körpern in der SRT. Die gekrümmte Raumzeit der ART ist eine Folge unendlich vieler einzelner Koordinatensysteme der flachen Raumzeit, die zusammengesetzt die Riemannsche Metrik ergeben, die ebenfalls nicht-euklidisch ist. Ein Kreis im Gravitationsfeld hätte auch ein von Pi abweichendes Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser.

kann ich zwar noch als Motivation erkennen; es ist aber für uns hier irrelevant und es ist keine Begründung ihrer obigen Aussagen.

Im übrigen betrifft auch die gekrümmte Raumzeit der ART Rinne und Ring gleichermaßen. Auch die ART handelt nicht von multiplen Parallelwelten, so dass Ring und Rinne in verschiedenen Räumen anzutreffen wären.

Gruß
Faber
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Trigemina » So 26. Apr 2009, 00:09

Faber hat geschrieben:Und wieder nichts Neues. Sie bringen sprachlichen Unfug und sind nicht in der Lage, die Weltlinien der Punkte des rotierenden Rings in der flachen SRT-Raumzeit anzugeben. Außerdem widersprechen Sie der Literatur, die sie selbst empfehlen. Sie bringen erneut keine Begründung der Richtigkeit Ihrer Behauptungen.


Du bringst auch nichts Neues. Und dass die Unterscheidung zwischen euklidischer und nicht-euklidischer Geometrie sprachlicher Unfug sein soll, kann nur jemand behaupten für den die Differentialgeometrie ein Fremdwort ist.

Faber, ich denke du bist nicht qualifiziert um über derart komplexe Themen zu sprechen. Im bisherigen Diskussionsverlauf hast du zuviel durcheinander gebracht oder schlicht und einfach nicht verstanden. Dass Rotation nicht mit Translation verglichen werden kann; dass die Projektion auf die euklidische Ebene verzerrte nicht Pi-zahlige Verhältnisse bewirkt; dass andere Autoren das ähnlich bis gleich sehen wie ich: all das will dir nicht in den Kopf gehen (zur Not hast du mich noch zu unrecht als vom Meanstream abweichenden Crank bezeichnet).

Von mir aus verwechsle weiterhin euklidische mit nicht-euklidischer Geometrie oder ignoriere meinetwegen Letztere. Deine Dickköpfigkeit blockt alles ab was sich ausserhalb deiner Vorstellung befindet und lässt sich nichts sagen (ausser vielleicht von Dietmar oder Harald) bis du an einen Punkt angelangt ist, von dem aus du zum wiederholten Mal zurückkrebsen musst.

Und dies wirst du auch zum Ehrenfest-Paradoxon noch tun, da deine Ansichten im glatten Widerspruch zu den Mainstream-Physikern stehen, von denen sich “meine Version“ kaum unterscheidet.

Gruss
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Faber » So 26. Apr 2009, 02:32

@Trigemina

Ich verzichte darauf, Ihre Ausführungen über Ihre irrigen Einschätzungen zu meinen Qualifikationen zu kommentieren, und komme zurück zur Sache:

Sie behaupten, ein Beobachter, der mit der Rinne ruht, messe einen anderen Wert für den Umfang der Rinne als er für den Umfang des rotierenden Rings misst, obwohl laut Ihrer eigenen Aussage Rinne und rotierender Ring aus Sicht eines beliebigen Beobachters kongruent sind (*).

Diese Behauptung widerspricht der SRT.
Diese Behauptung widerspricht der ART.
Diese Behauptung widerspricht der Literatur, die Sie empfohlen haben.
Diese Behauptung ist absurd.

Würde man annehmen, Rinne und Ring befänden sich in zwei verschiedenen parallelen Räumen, dann wäre denkbar, was Sie sagen. Die Relativitätstheorien von Albert Einstein beschreiben aber eine einzige Wirklichkeit. Verschiedene Beobachter beurteilen diese eine Wirklichkeit zwar unterschiedlich, aber für ein und denselben Beobachter findet das gesamte Geschehen mit allen beteiligten Objekten -seien sie aus seiner Sicht bewegt, beschleunigt bewegt oder unbewegt- in ein und demselben Raum statt, der ein und dieselbe Metrik hat, sei sie euklidisch oder aber nicht-euklidisch.

Daher ist Ihre Idee falsch, der mit der Rinne ruhende Beobachter beurteile Rinne und Ring so, als befänden sie sich in unterschiedlichen Räumen mit unterschiedlicher Metrik.

Gruß
Faber

P.S.:
Trigemina hat geschrieben:Meanstream

Das haben jetzt Sie gesagt. Ich hatte "Mainstream" gesagt. ;)

(*) Sie selbst haben die -im Zusammenhang der Diskussion hier genial zu nennende- Idee präsentiert, dass die Rinne selbst als Einheitsmaßstab des mit der Rinne ruhenden Beobachters dienen kann, mit dem er die Länge des kongruenten rotierenden Rings misst.
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Jocelyne Lopez » So 26. Apr 2009, 09:16

Chief hat geschrieben:
Und was, wenn die Längen gar nicht kontrahieren und die Zeiten nicht dilatieren? :mrgreen:


Die Längen kontrahieren in der SRT definitiv nicht, also dilatiert die Zeit auch nicht, und andersrum.

Die Relativisten legen aber sehr viel Wert darauf, uns Parallelwelten zu beschreiben und uns ihre projektierten Erscheinungen von Rasenmähern nahe zu legen… ;)

Dass sie diese Erscheinungen und Projektionen bzw. diese Fantastereien „Messungen“ nennen, ist nicht nur ein Missbrauch der Sprache zur Vernebelung und zur Irreführung, das ist in diesem wissenschaftlichen Kontext in meinen Augen schlicht und einfach unredlich. :shock: Siehe zum Beispiel Dr. Markus Pössel: http://www.jocelyne-lopez.de/blog/2008/ ... -17190808/

Zitat Dr. Markus Pössel:

Die Laengenkontraktion geht nicht mit materiellen Veraenderungen des Koerpers einher; die Verschiedenheit der Werte ergibt sich allein daraus, dass von unterschiedlichen Bezugssystemen aus gemessen wird - ganz analog dazu, wie sich die verschiedenen Werte fuer Relativgeschwindigkeiten ergeben. Die gemessenen Laengenwerte sind selbstverstaendlich real - so real wie die Messungen von Relativgeschwindigkeiten. Es handelt sich nicht um optische Taeuschungen oder dergleichen, sondern um die Ergebnisse konkreter Messungen. [Hervorhebung durch Lopez].


Wo Dr. Markus Pössel bei diesem Bezugssystem-Hickhack der SRT und bei diesen Projektionen von Erscheinungen in Parallelwelten mit verschiedenen Maßstäben „konkrete Messungen“ sieht, ist mir ein Rätsel. :cry:

Viele Grüße
Jocelyne Lopez
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Harald Maurer » So 26. Apr 2009, 18:42

ralfkannenberg hat geschrieben:
Meines Wissens setzt die Anwendbarkeit der SRT gleichmässig bewegte Koordinatensysteme voraus. Dies kann z.B. bei Translationen erfüllt werden, ist indes bei nicht-trivialen Rotationen (d.h. Rotationsgeschwindigkeit ungleich 0) naturgemäss nicht gegeben, d.h. hier sind vermutlich zusätzliche Terme erforderlich. Dennoch sehe ich hier zunächst keinen "Fehler".


Obwohl die behauptete Lorentzkontraktion der Scheibe laut SRT nicht auftreten dürfte, da sich diese ausschließlich auf linear bewegte Inertialsysteme beschränkt, hat man immer wieder versucht, die SRT auch für nicht-euklidische Geometrie zu verallgemeinen. Paul Ehrenfest bezweifelte aber die Lorentzkontraktion und wandte ein, dass eine rotierende Scheibe immer kleiner werden und sich dabei verbiegen müsste.

Einstein veröffentlichte einige Gegenargumente und verschaffte Paul Ehrenfest einen sehr begehrten Lehrstuhl als Professor in den Niederlanden. Ehrenfest übte von da an keinerlei Kritik mehr an Einsteins Thesen...und das Ehrenfestsche Paradoxon wurde in den Lehrbüchern der speziellen Relativitätstheorie nicht mehr erwähnt !

Im Jahre 1973 wurde Ehrenfests Paradoxon vom Physiker Thomas E. Phipps experimentell überprüft. Das Resultat war bekanntlich ein Nulleffekt. Phipps reichte seine Ergebnisse bei der renomierten Fachzeitschrift NATURE ein. Eine Veröffentlichung wurde erwartungsgemäß strikt abgelehnt. Nur eine kleine italienische Fachzeitschrift publizierte zuerst diesen Versuch!

Eine rotierende Scheibe ist in der Tat kein Inertialsystem. Daher kann man auf sie die Spezielle Relativitätstheorie nicht anwenden, auch wenn Trigemina, die drauf und dran ist, die ART neu zu erfinden (Stichwort Differenzialgeometrie), dies im Bestreben versucht, das Zahnradparadoxon Fabers zu widerlegen . Falls man die Lorentzkontraktion für das rotierende Rad berechnet, verkürzt sich dessen Umfang bei gleich bleibendem Radius genau im gleichen Ausmaß wie dies bei der im IS des Zahnradwaggons bewegten Zahnschiene geschieht - und man sollte meinen, die Rad-Zähne würden daher nach wie vor zu den Zähnen der Schiene passen.

Fabers Paradoxon ist aber damit nicht widerlegbar. Denn sollte die Lorentzkontraktion tatsächlich den Umfang des Rades betreffen, so ist sie kumulativ (sowohl Faber als auch Trigemina haben diesen Umstand noch gar nicht bedacht!). Deshalb hatte Phipps sein Scheibchen ja auch 4 Monate lang rotieren lassen! Das heisst, der Umfang des Zahnrades müsste während der Fahrt immer mehr schrumpfen - wogegen die Kontraktion bei der linearen Zahnschiene nicht kumulativ wäre! Dass unter solchen Voraussetzungen die Zahnradbahn nicht funktionieren könnte, muss man wohl nicht mehr lange erklären. Deshalb habe ich Faber zu diesem Paradoxon sofort gratuliert. Es zeigt sich damit zweifellos, dass die SRT bei der Beschreibung von Rotationen jämmerlich versagt - und Faber zieht zurecht das Resumee:

Wenn die SRT nicht zuständig für Rotationseffekte ist, dann besteht vielleicht der größte Fehler der Theorie in ihrer begrenzten Gültigkeitsdauer. Sie gilt dann nur bis zur Erfindung des Rades. D.h. für den amerikanischen Kontinent nur bis Kolumbus.


Einstein hätte nicht die ART entwickelt, wenn er diese Schwäche der SRT nicht erkannt hätte. Und die ART ist keinesfalls eine auf nicht-euklidische Geometrie verallgemeinerte SRT, sondern hat mit dieser überhaupt nichts zu tun (außer der Übernahme einiger Ausdrücke). Eigentlich hat er mit der ART die SRT widerlegt, indem er die Grundannahmen (Postulate) der SRT selbst relativierte. Während man die ART mit gewisser Einschränkung als Naturbeschreibung sehen kann, ist die SRT nur eine mathematische Spielerei innerhalb theoretischer Bedingungen, die in unserer Welt nicht verwirklicht sind.
Es ist deshalb nicht überraschend, dass sich viele "SRT-Paradoxa" ohne "ART-Hilfe" nicht widerlegen lassen.

Grüße
Harald Maurer



Quellen
[1] P. Ehrenfest, Gleichförmige Rotation starrer Körper und Relativitätstheorie, Physikalische Zeitschrift. p. 918. (1909)
[2] T. E. Phipps, Do metric standards contract?, Foundations of physics pp. 289-307, (1980)
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Trigemina » Mo 27. Apr 2009, 00:29

Hallo Harald

Harald Maurer hat geschrieben:Obwohl die behauptete Lorentzkontraktion der Scheibe laut SRT nicht auftreten dürfte, da sich diese ausschließlich auf linear bewegte Inertialsysteme beschränkt, hat man immer wieder versucht, die SRT auch für nicht-euklidische Geometrie zu verallgemeinen. Paul Ehrenfest bezweifelte aber die Lorentzkontraktion und wandte ein, dass eine rotierende Scheibe immer kleiner werden und sich dabei verbiegen müsste.

Zunächst mal hat auch eine rotierende Scheibe, ähnlich wie ein durch Translation bewegter Körper, eine Relativgeschwindigkeit ihrer Umfangslinie zum Laborsystem. So gesehen ist es keine allzu grosse Überraschung, dass infinitesimal kleine Strecken auf der Umfangslinie um den gleichen Gamma-Faktor kontrahieren, so wie es ein durch Translation bewegter Körper ebenfalls tut.

Einstein veröffentlichte einige Gegenargumente und verschaffte Paul Ehrenfest einen sehr begehrten Lehrstuhl als Professor in den Niederlanden. Ehrenfest übte von da an keinerlei Kritik mehr an Einsteins Thesen...und das Ehrenfestsche Paradoxon wurde in den Lehrbüchern der speziellen Relativitätstheorie nicht mehr erwähnt !

Die beiden waren gut miteinander befreundet und haben auch in der Zeit von Ehrenfests Lehrstuhl in den Niederlanden einen regen brieflichen Austausch miteinander geführt. Ob Ehrenfest durch Einsteins Empfehlung an der Universität in Leiden kompromittiert war, kann ich nicht beurteilen, jedoch nahmen sich auch andere Physiker dieses Paradoxons an und kamen z.T. zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Während bereits ein Jahr später (1910) Max Planck für das nicht-Pi-zahlige Verhältnis von Umfang und Durchmesser eine Elastizitätstheorie forderte, wies Theodor Kaluza im gleichen Jahr als erster auf eine nicht-euklidische Geometrie der rotierenden Scheibe hin und führte sie auf eine hyperbolische Ebene zurück, ohne jedoch dieses Argument zu belegen. Inmitten seiner Arbeit zur ART wies Einstein im Jahre 1916 nach, dass ein auf der rotierenden Scheibe mitbewegter Beobachter den Scheibenumfang mit dem Rinnenmassstab (aus dem Laborsystem) um den Gamma-Faktor verlängert misst, mit seinen eigenen Massstäben jedoch mit U=2rPi. 1935 bemerkte Paul Langewin eine der Riemannschen-Metrik ähnliche Eigenschaft der rotierenden Scheibe und formulierte schliesslich die Langewin-Landau-Lifschitz-Metrik. Im Jahr 2000 veröffentlichte Hrvoje Nikolic ein auch hier diskutiertes Paper, wonach das Paradoxon verschwindet, wenn jedem Punkt auf der rotierenden Scheibe ein eigenes lokales nicht-inertiales Bezugssystem zugeordnet wird.

Im Jahre 1973 wurde Ehrenfests Paradoxon vom Physiker Thomas E. Phipps experimentell überprüft. Das Resultat war bekanntlich ein Nulleffekt. Phipps reichte seine Ergebnisse bei der renomierten Fachzeitschrift NATURE ein. Eine Veröffentlichung wurde erwartungsgemäß strikt abgelehnt. Nur eine kleine italienische Fachzeitschrift publizierte zuerst diesen Versuch!

Darüber habe ich mich auch schon ausgelassen. Ein kumulativer Effekt kann für Distanzmessungen ausgeschlossen werden. Ein solcher Effekt gälte allenfalls für Uhren, da sich die vom Radialabstand abhängigen Eigenzeiten auf der rotierenden Scheibe von der Zeit im Laborsystem unterscheiden.

Eine rotierende Scheibe ist in der Tat kein Inertialsystem. Daher kann man auf sie die Spezielle Relativitätstheorie nicht anwenden, auch wenn Trigemina, die drauf und dran ist, die ART neu zu erfinden (Stichwort Differenzialgeometrie), dies im Bestreben versucht, das Zahnradparadoxon Fabers zu widerlegen.

Richtig, eine rotierende Scheibe ist kein Inertialsystem, sondern setzt sich aus infinitesimal vielen lokalen nicht-inertialen Bezugssystemen zusammen, die über die Integration der einzelnen Minkowski-Räume zur nicht-euklidischen Geometrie führen.

Falls man die Lorentzkontraktion für das rotierende Rad berechnet, verkürzt sich dessen Umfang bei gleich bleibendem Radius genau im gleichen Ausmaß wie dies bei der im IS des Zahnradwaggons bewegten Zahnschiene geschieht - und man sollte meinen, die Rad-Zähne würden daher nach wie vor zu den Zähnen der Schiene passen.

Genau!

Fabers Paradoxon ist aber damit nicht widerlegbar. Denn sollte die Lorentzkontraktion tatsächlich den Umfang des Rades betreffen, so ist sie kumulativ (sowohl Faber als auch Trigemina haben diesen Umstand noch gar nicht bedacht!).

Eben nicht. Siehe weiter oben.

Einstein hätte nicht die ART entwickelt, wenn er diese Schwäche der SRT nicht erkannt hätte. Und die ART ist keinesfalls eine auf nicht-euklidische Geometrie verallgemeinerte SRT, sondern hat mit dieser überhaupt nichts zu tun (außer der Übernahme einiger Ausdrücke). Eigentlich hat er mit der ART die SRT widerlegt, indem er die Grundannahmen (Postulate) der SRT selbst relativierte. [...] Es ist deshalb nicht überraschend, dass sich viele "SRT-Paradoxa" ohne "ART-Hilfe" nicht widerlegen lassen.


Einsteins Ziel der ART war die Wechselwirkung zwischen Materie und ihren Feldern mit dem Raum und der Zeit. Für hinreichend kleine Raumzeit-Gebiete geht die ART in die SRT über, sodass die ART als Verallgemeinerung der SRT betrachtet werden kann. Ich selber kenne keine Paradoxa (sofern die Gravitation vernachlässigt werden kann), die sich nicht mittels der SRT auflösen liessen. Das Ehrenfest-Paradoxon selbstverständlich mit eingenommen.

Gruss
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Harald Maurer » Mo 27. Apr 2009, 01:38

Trigemina schrieb:
Ein kumulativer Effekt kann für Distanzmessungen ausgeschlossen werden.


Nein, in diesem Fall nicht. Die Kontraktion des Umfangs ist ja keine Illusion (wäre sie es, wären all die unterschiedlichen Lösungen, die Du aufgezählt hast, nicht nötig), sondern "real" im Sinne der SRT, d.h. dass bei jeder Umdrehung des Rads ein bereits kontrahierter Umfang neuerlich der Kontraktion unterliegen müsste. Ehrenfest und Phipps haben das schon richtig beurteilt.

Zunächst mal hat auch eine rotierende Scheibe, ähnlich wie ein durch Translation bewegter Körper, eine Relativgeschwindigkeit ihrer Umfangslinie zum Laborsystem. So gesehen ist es keine allzu grosse Überraschung, dass infinitesimal kleine Strecken auf der Umfangslinie um den gleichen Gamma-Faktor kontrahieren, so wie es ein durch Translation bewegter Körper ebenfalls tut.


Die rotierende Scheibe hat eine Relativgeschwindigkeit ihrer Umfangslinie zum Beobachter im Laborsystem. Wenn nun die Umfangslinie kontrahiert und die Scheibe somit kleiner wird, wird auch die Relativgeschwindigkeit der Umfangslinie höher (soferne die Bahn nicht langsamer wird) - und es ist nicht einzusehen, wieso der Effekt der Lorentzkontraktion nun plötzlich nicht mehr stattfinden sollte. Bei jeder neuerlichen Umdrehung wird sowohl der verkleinerte Umfang als auch die erhöhte Geschwindigkeit zur neuerlichen Basis einer Lorentzkontraktion. Fazit: die Scheibe wird kontinuierlich kleiner...

Die Annahme, der Umfang werde kleiner bei gleichbleibenden Radien kann nur mit einer Verformung der Scheibe erklärt werden. Der Durchmesser dieser schüsselartig gewölbten Scheibe verkleinert sich daher und wird immer wieder zum neuerlichen Ausgangspunkt einer Kontraktion, die deshalb kumulativ bis zum Verschwinden der Scheibe ausfällt.

Natürlich hat man sich viel Mühe gegeben, das Paradoxon aus der Welt zu schaffen und die unterschiedlichsten Lösungen vorgeschlagen. Die einfachste Methode ist es, den kumulativen Effekt zu bestreiten, so wie Du es machst. Damit ist man aber nicht mehr konform mit der SRT und das ist man auch nicht, wenn man andere Geometrien als die euklidische einsetzt (z.B. die Riemannsche Metrik).

Eine Scheibe, die den Umfang verkleinert, aber den Durchmesser ohne Verformung beibehielte, ist für sich bereits ein Paradoxon. Das wirst Du uns ja nicht auftischen wollen. Wenn Umfang und Durchmesser sich hingegen verkleinern, wird das wiederum zur Spielwiese lustigster Absurditäten. Sorry, aber Fabers Paradoxon ist wasserfest.

Grüße
Harald Maurer
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Trigemina » Mo 27. Apr 2009, 06:23

Harald Maurer hat geschrieben:
Trigemina hat geschrieben:Ein kumulativer Effekt kann für Distanzmessungen ausgeschlossen werden.

Nein, in diesem Fall nicht. Die Kontraktion des Umfangs ist ja keine Illusion (wäre sie es, wären all die unterschiedlichen Lösungen, die Du aufgezählt hast, nicht nötig), sondern "real" im Sinne der SRT, d.h. dass bei jeder Umdrehung des Rads ein bereits kontrahierter Umfang neuerlich der Kontraktion unterliegen müsste. Ehrenfest und Phipps haben das schon richtig beurteilt.


Die Kontraktion der mit Labormassstäben gemessenen Umfangslinie ist genauso real wie der gleichbleibende Radius der rotierenden Scheibe. Aber eine Kontraktion der Kontraktion der Kontraktion... usw. als kaskadenartige Kettenkontraktion ist schon nur aus dem Grund nicht einzusehen, weil der Radius ja unverändert bleibt. Eine solche Situation kann sich aus der Metrik der rotierenden Scheibe wegen der invarianten Radialabstände und Winkel nicht ergeben.

Harald Maurer hat geschrieben:
Trigemina hat geschrieben:Zunächst mal hat auch eine rotierende Scheibe, ähnlich wie ein durch Translation bewegter Körper, eine Relativgeschwindigkeit ihrer Umfangslinie zum Laborsystem. So gesehen ist es keine allzu grosse Überraschung, dass infinitesimal kleine Strecken auf der Umfangslinie um den gleichen Gamma-Faktor kontrahieren, so wie es ein durch Translation bewegter Körper ebenfalls tut.

Die rotierende Scheibe hat eine Relativgeschwindigkeit ihrer Umfangslinie zum Beobachter im Laborsystem. Wenn nun die Umfangslinie kontrahiert und die Scheibe somit kleiner wird, wird auch die Relativgeschwindigkeit der Umfangslinie höher (soferne die Bahn nicht langsamer wird) - und es ist nicht einzusehen, wieso der Effekt der Lorentzkontraktion nun plötzlich nicht mehr stattfinden sollte. Bei jeder neuerlichen Umdrehung wird sowohl der verkleinerte Umfang als auch die erhöhte Geschwindigkeit zur neuerlichen Basis einer Lorentzkontraktion. Fazit: die Scheibe wird kontinuierlich kleiner...


Eine kontrahierte Umfangslinie sollte doch eine geringere Umfangsgeschwindigkeit zur Folge haben und keine höhere! In der gleichen Zeit wird eine geringere Strecke durchlaufen was eine geringere Umfangsgeschwindigkeit ergibt. Egal, auch wenn’s umgekehrt wäre kann diese Kaskadenkontraktion nicht aufrecht erhalten werden. Generell berechnet sich die Umfangsgeschwindigkeit über

v=ω*r

und hängt nur von der als konstant vorausgesetzten Winkelgeschwindigkeit und dem Radius ab. Und genau diese zwei Grössen sind invariant in Bezug auf Transformation.

Die Annahme, der Umfang werde kleiner bei gleichbleibenden Radien kann nur mit einer Verformung der Scheibe erklärt werden. Der Durchmesser dieser schüsselartig gewölbten Scheibe verkleinert sich daher und wird immer wieder zum neuerlichen Ausgangspunkt einer Kontraktion, die deshalb kumulativ bis zum Verschwinden der Scheibe ausfällt.


Nein, die Scheibe verformt sich physisch nicht. Dr. Pössel dürfte das sicher auch so sehen. Das verzerrte Verhältnis von Umfang und Durchmesser erklärt sich alleine aus der Vielzahl der für jeden einzelnen Raumpunkt auf der rotierenden Scheibe verwendeten Koordinatensysteme und ihrer Integration, die zu einer nicht-euklidischen Geometrie führt.

Eine Scheibe, die den Umfang verkleinert, aber den Durchmesser ohne Verformung beibehielte, ist für sich bereits ein Paradoxon. Das wirst Du uns ja nicht auftischen wollen.


Doch, genau das will ich euch auftischen. Es wird eben nicht Gleiches mit Gleichem gemessen (dann wär’s nicht paradox, sondern absurd), sondern eine durch die Rotation verzerrte nicht-euklidische Metrik mit einem ganz normalen euklidischen Massstab verglichen.
That’s the point of this paradox!

Gruss
Trigemina
 
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Re: Scheinbares? Garagenparadoxon --- reloaded and exploded

Beitragvon Faber » Mo 27. Apr 2009, 06:33

Trigemina hat geschrieben:Im Jahr 2000 veröffentlichte Hrvoje Nikolic ein auch hier diskutiertes Paper, wonach das Paradoxon verschwindet [...]

So ist es. Das Paradoxon verschwindet laut Hrvoje Nikolic. Gemäß seiner Lösung kontrahiert jedes Atom separat und die Atomzwischenräume werden entsprechend größer, so dass im Laborsystem der Umfang des rotierenden Rings insgesamt keine Kontraktion erfährt. Dies wird auch in der englischsprachigen Wikipedia erklärt und grafisch dargestellt. Die entsprechende Passage von Hrvoje Nikolic hatte ich hier bereits zitiert und übersetzt.

Hrvoje Nikolic hat geschrieben:Now, as in Section 2, assume that the rotating ring is a series of independent short rods, uniformly distributed along the gutter. Each rod is relativistically contracted, but the ring is not. [...] This situation mimics a more realistic ring made of elastic material, where atoms play the role of short rigid rods. Owing to the rotation the distances between neighboring atoms increase, so there are tensile stresses in the material.
Übersetzung hat geschrieben:Nun sei wie in Abschnitt 2 angenommen, dass der rotierende Ring eine Serie unabhängiger kurzer Stäbe sei, die längs der [kreisrunden] Rinne gleichverteilt sind. Jeder einzelne Stab ist relativistisch kontrahiert, der Ring hingegen nicht. [...] Diese Situation stellt einen realistischeren Ring aus elastischem Material dar, in dem die Atome die Rolle der kurzen, starren Stäbe spielen. Wegen der Rotation erhöht sich der Abstand benachbarter Atome, so dass im Material Zugspannungen auftreten.
(Meine Hervorhebung)

Hrvoje Nikolic ermittelt auch, wie ein Beobachter, der an einem Punkt auf dem Ring ruht, die Rinne beurteilt. Hierzu sind ein paar Berechnungen erforderlich.

Die Fahruntauglichkeit der Zahnradbahn ergibt sich mit Hrvoje Nikolic aber trivialerweise bereits dadurch, dass im Laborsystem U = 2*pi*R gilt, so dass die Zähne des Zahnrades nicht zur kontrahierten Zahnschiene passen.

Die Auflösung des Ehrenfest-Paradoxons durch Hrvoje Nikolic zementiert das Zahnradbahn-Paradoxon.

Gruß
Faber

Hrvoje Nikolic: Relativistic contraction and related effects in noninertial frames
en.wikipedia.org: Ehrenfest paradox
.
Faber
 
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